Wien - Die Bundeshauptstadt Wien verschärft den Kampf gegen den Brustkrebs. Im kommenden Herbst werden 180.000 Frauen im Alter von 50 bis 70 Jahren Einladungsbriefe für eine Mammographie-Früherkennungsuntersuchung bekommen. Das gaben Wiens Gesundheitsstadtrat Sepp Rieder und ein Expertengremium am Montag bei einer Pressekonferenz bekannt. "Heute ist es so, dass etwa die Hälfte der Frauen (47 Prozent, Anm.) dieser Alterskategorie sich von sich aus einer radiologischen Früherkennung unterziehen. Unser primäres Ziel ist es, dass drei Viertel der Frauen das tun", sagte Rieder. Um das zu erreichen, ziehen in Wien alle wichtigen "Spieler" im Gesundheitswesen an einem Strang: Gemeinde, Wiener Gebietskrankenkasse und die niedergelassenen Ärzte. WGKK-Obmann Franz Bittner: "Wir haben 1998/99 rund 58.000 Frauen im Alter zwischen 50 und 69 Jahren mammographiert. Wir wollen die restlichen 60.000 erreichen. Wir erhoffen uns, dass wir die Frauen, bei denen Brustkrebs sonst nicht erkannt wird, rechtzeitig 'erwischen'." Dazu wird es 180.000 Briefe an die Frauen dieser Altersgruppe geben. Bittner: "Wir rechnen mit 30.000 bis 35.000 zusätzlichen Untersuchungen, rund 9.000 in den Ambulanzen der Spitäler, 9.000 in unseren eigenen Einrichtungen und 18.000 bei den niedergelassenen Radiologen." Die zunächst für zwei Jahre anberaumte Aktion dürfte rund 21 Millionen Schilling kosten. Der Einladungsbrief gilt auch gleich als "Krankenschein" für die Vornahme der Mammographie. 90 Prozent Überlebensrate Dafür soll zahlreichen Wienerinnen - jede neunte Frau muss damit rechnen, in ihrem Leben an einem Mammakarzinom zu erkranken - Leid und womöglich sogar der Tod durch einen fortgeschrittenen und somit unheilbaren Tumor erspart werden. Der Wiener Onkologe Univ.-Prof. Dr. Christoph Zielinski: "Bei kleinen Tumoren, die noch nicht auf die Lymphknoten übergegriffen haben, liegt die Überlebensrate, wenn man zusätzlich (außer der Operation, Anm.) nichts tut, bei 75 bis 80 Prozent. Kommt eine zusätzliche Behandlung hinzu, beträgt die Überlebensrate 92 Prozent. Bei größeren Tumoren liegt die Überlebensrate bei 50 Prozent, wenn nicht zusätzliche Schritte gesetzt werden." Für die Frühdiagnose wäre an sich genug Zeit. Radiologe Univ.-Prof. Dr. Gerhard Lechner: "Es gibt nicht wirklich eine Prävention des Brustkrebses. Die Mammographie ist die einzige Methode, um kleine Krebse zu erkennen." Es dauert laut dem Fachmann acht bis neun Jahre, bis ein Mammakarzinom in der radiologischen Untersuchung zu erkennen sein muss. Am besten ist es, den Tumor noch bei einer Größe von einem bis eineinhalb Zentimetern zu diagnostizieren. Auch Männer betroffen Die Frühdiagnose erhöht die Überlebensrate und ermöglicht erst eine brusterhaltende Operation. Der Vorstand der gynäkologischen Abteilung am Wiener Wilhelminenspital, Univ.-Prof. Dr. Heinrich Salzer: "Es ist auch für den operierenden Gynäkologen erschreckend, wenn er einer Frau die Brust abnehmen muss." Unsagbar schöner sei es, die Patientin mittels schonender und viel kleinerer Operation von dem Leiden zu befreien. Große Erfolge hat man mit einem Program wie in Wien in Großbritannien erzielt. Dr. Michael J. Michels vom King's Health Care Trust in London: "In Großbritannien werden alle Frauen zwischen 50 und 64 Jahren alle drei Jahre zu einer solchen Untersuchung eingeladen. Wir führen pro Jahr 1,4 Millionen Mammographien durch und entdecken rund 7.000 Brustkrebserkrankungen. Die Hälfte der Tumoren ist bei der Diagnose noch sehr klein. Ein solches Programm ist effizient bei der Senkung der Sterblichkeitsrate." Hinter dem Wiener Programm stecken auch die Frauen-Gesundheitsbeauftragte Univ.-Prof. Dr. Beate Wimmer-Puchinger sowie der Präsident der Wiener Ärztekammer, Dr. Walter Dorner. Prinzipiell sollte jede Frau ab dem 40. Lebensjahr alle zwei Jahre zur Mammographie. Jede Frau - egal welchen Alters - sollte einmal im Jahr zum Gynäkologen gehen. In Wien werden pro Jahr rund 3.600 Krebserkrankungen bei Frauen und rund 2.200 bei Männern registriert. Etwa ein Viertel der bösartigen Erkrankungen bei Frauen entfallen auf den Brustkrebs. Rieder: "In der Altersgruppe über 50 erkrankt eine pro 1.000 Frauen und Jahr an Brustkrebs." (APA)