Wien - Der Streit um die Löschung von Polizei-Daten im Zusammenhang mit dem 2002 aufgehobenen "Homosexuellen-Paragrafen" erhält neue Nahrung.
Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes muss die von Betroffenen beantragte Löschung noch gespeicherter Dateien nämlich zumindest ordnungsgemäß geprüft werden. Wenn eine Löschung unterbleibt, müssen die Behörden dies ausreichend begründen. Eine bloße Korrektur der noch gespeicherten Daten reicht nach Ansicht der Verfassungsrichter nicht aus.
Beschwerde nach "Homosexuellen-Paragrafen"
Anlassfall war die Beschwerde eines Mannes, der im Jahr 2000 auf Grund des "Homosexuellen-Paragrafen" wegen (wie es damals hieß) "gleichgeschlechtlicher Unzucht mit Personen unter 18 Jahren" zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt worden war. Nachdem die umstrittene Strafbestimmung im August 2002 vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde beantragte der Mann bei der Polizei die Löschung sämtlicher im Zusammenhang mit den Ermittlungen gespeicherter Daten.
Gelöscht wurden nur die Einträge
Tatsächlich gelöscht wurden aber nur die Einträge in der "Zentralen Informationssammlung" der Polizei, nicht aber die manuell geführten Aufzeichnungen (ein "Steckzettel" beim Kriminalkommissariat Wien Nord sowie ein Protokoll beim Bezirkskommissariat Donaustadt). Auch eine Beschwerde bei der Datenschutzkommission bliebt erfolglos. Diese verfügte nur die "Ergänzung" der Dateien - allerdings um eine falsche Information: Konkret sollte der Hinweis angefügt werden, "dass die an die Staatsanwaltschaft Wien erstattete Strafanzeige zurückgelegt und kein gerichtliches Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer durchgeführt wurde".
Der Verfassungsgerichtshof hat diesen Bescheid aus dem September 2003 nun aufgehoben und wirft der Datenschutzkommission vor, "willkürzlich" agiert und damit den Gleichheitsgrundsatz verletzt zu haben. Begründung: Die Datenschutzkommission hätte die Löschung der Daten per "Interessensabwägung" prüfen und die Nicht-Löschung begründen müssen. "Sie hat nicht dargelegt, inwieweit für eine rechtsstaatliche Kontrolle (...) nicht auch eine nicht personenbezogene Aktenevidenz möglich wäre", heißt es in dem Erkenntnis.
Dokumentation
Außerdem kritisieren die Verfassungsrichter die offenbar als "Richtigstellung" gedachte Ergänzung der Datensätze mit der falschen Information, dass eine Anzeige nach Par. 209 gegen den Mann zurückgelegt worden sei. Damit nehme die Datenschutzkommission nämlich in Kauf, "dass für Personen, die von der Verurteilung des Beschwerdeführers wissen, gleichsam prima vista eine zweite Anzeige dokumentiert wird", urteilen die Verfassungsrichter.