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Ob Kritik zu Saliera oder Bildungspolitik: Die Bildungsministerin bleibt

foto: reuters/bader
Dennoch hält Bundeskanzler Wolfgang Schüssel unverdrossen zu ihr. Wie sie die vergangenen zehn Jahre zu ihm gehalten hat. So eine lässt man nicht fallen.

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Wien - Von ihren politischen Gegnern, und das sind zurzeit eine ganze Menge, wird sie gerne als "Handarbeitslehrerin" herabgewürdigt. Tatsächlich war Elisabeth Gehrer vor ihrem Einstieg in die Politik Volksschullehrerin, das war bereits ab 1961, erst in Hart im Zillertal, dann in Lochau. Mittlerweile sitzt sie seit zehn Jahren in der Bundesregierung, zuständig für Bildung, Wissenschaft und Kultur.

Jetzt ist Gehrer 63, einigermaßen abgekämpft, in ihrem Image ordentlich ramponiert, aber wenn man Wolfgang Schüssel glauben darf, dann will er mit seiner "Liesl" wieder in den anstehenden Nationalratswahlkampf ziehen. Das können in der ÖVP nicht alle nachvollziehen, der Opposition kann es nur recht sein. In Schüssels Kabinett hat Gehrer Finanzminister Karl-Heinz Grasser als Watschenmann (oder -frau) der Nation abgelöst, an ihr richtet sich die Opposition auf, sie steht seit gut zwei Jahren im Mittelpunkt der Kritik wie kein anderes Regierungsmitglied.

Im internationalen Pisa-Vergleich haben die österreichischen Schüler überraschend schlecht abgeschnitten, über die Gesamtschule darf aus ihrer Sicht nicht einmal diskutiert werden, an den von Geldmangel geplagten Unis sitzen die Studenten übereinander - wenn sie überhaupt einen Studienplatz bekommen. Vom Ansturm deutscher Studenten wurde Gehrer trotz des lange erwarteten EuGH-Urteils offenbar überrascht. In der Frage der nun zu restituierenden Klimt-Gemälde war die Ministerin nicht nur schlecht beraten, sie agierte arrogant - und fiel auf die Nase. Ihre kritiklose und offenbar von Freundschaft getragene Unterstützung des glücklosen Museumsdirektors Wilfried Seipel fällt vielen auch unangenehm auf.

Gehrer hat in den vergangenen Monaten also kaum ein Fettnäpfchen ausgelassen, ihre Stellungnahmen waren wehleidig oder besserwisserisch, da fühlte man sich wieder an die Volksschullehrerin erinnert. Von ihrem einstigen Image, als sie mit ihrer direkten Art für frischen Wind gesorgt hatte, als sie die Dinge in die Hand nehmen und Reformen umsetzen wollte, ist nicht viel geblieben. Mittlerweile haftet ihr der Ruf an, eine mutlose Bremserin zu sein, die den Stillstand verwaltet und ideologische Scheuklappen trägt.

Dennoch hält der Bundeskanzler unverdrossen an der "Liesl" fest. Gehrer gehört zu seinem engsten Umfeld, sie ist seit zehn Jahren in der Regierung an seiner Seite, und sie gehört zum musikalischen Dreigestirn: Schüssel und ÖVP-Klubobmann Wilhelm Molterer an den Gitarren, Gehrer an der Flöte. Gemeinsam präsentierten sie auch das "rotweißrote Liederbuch".

Was Schüssel an Gehrer ganz besonders schätzt, ist ihre bedingungslose Loyalität über all die Jahre - gerade in der Volkspartei keine Selbstverständlichkeit. Da steht jetzt auch der Kanzler loyal zu ihr - solange sie nicht selbst resigniert und den geordneten Rückzug antritt. Alles einfach hinzuschmeißen wäre ihre Sache nicht - das ist schließlich eine Frage der Loyalität. (DER STANDARD, Printausgabe, 26.1.2006)