Es ist schon jetzt eine Tatsache, dass die EU mit ihren ursprünglichen Zielen vom Gipfel in Lissabon im Jahr 2000 gescheitert ist, wonach sie die USA als wettbewerbsfähigster Wirtschaftsraum bis 2010 überholen wollte. Inzwischen ist man schon froh, wenn man den zweiten Platz halten kann. Auch die konkreten Vorgaben werden sukzessiv heruntergestuft, wie am Mittwoch bei den Forschungsquoten.
Aber was helfen die hehren Ziele, wenn sie ohnehin nicht ernst genommen werden? Diesen Eindruck hat die EU-Kommission zumindest nach Lektüre des nationalen Aktionsplans, den Österreich eingereicht hat. Zu unkonkret lautet die Zusammenfassung aus Brüssel. Mehrfach wird bemängelt, dass es keine Langzeitstrategie gibt, wie die geforderte Wettbewerbsfähigkeit erreicht werden kann. Außerdem wird kritisiert, dass eine Bewertung oft nicht möglich war, weil wesentliche Informationen aus Wien nicht mitgeliefert worden sind. Es wird auch infrage gestellt, ob die Mittelzuwendung für konkrete Bereiche und Projekte mit den Budgetzielen übereinstimmt. Mut zur Lücke bewies die Regierung laut EU-Kommission auch, indem der Dienstleistungssektor überhaupt ausgespart wurde.
Der Bericht aus Brüssel verweist einmal mehr auf bekannte Defizite: dass die Beschäftigungsrate älterer Menschen in Österreich vergleichsweise gering ist und dass es viele bürokratische Hemmnisse gibt, die insbesondere den Wettbewerb im Dienstleistungssektor verhindern. Auch im Bereich Erwachsenenbildung sollten mehr Anstrengungen unternommen werden.
Außerdem wird noch auf spezifische Mängel hingewiesen wie die Tatsache, dass in Österreich zu wenig im Bereich Kinderbetreuungseinrichtungen getan wird und es nach wie vor große geschlechtsspezifische Unterschiede am Arbeitsmarkt gibt. Es müssen Anstrengungen unternommen werden, damit mehr Frauen am Erwerbsleben in Österreich teilnehmen können und auch geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Bezahlung eliminiert werden, heißt es mahnend vonseiten der EU-Kommission.
Es ist zu hoffen, dass die Reaktion in Österreich nun nicht so ausfällt wie sonst üblich: alles, was aus Brüssel kommt, ist negativ. Der Fortschrittsbericht enthält jedoch auch viel Lob für die im Allgemeinen guten wirtschaftlichen Kerndaten, für Initiativen wie Exportoffensiven oder Anstrengungen, mehr Menschen in Beschäftigung zu bringen. Auch die Bemühungen, die Ausgaben im Forschungsbereich zu steigern, werden durchaus anerkannt.
Der Bericht aus Brüssel sollte vielmehr als ehrliches Zeugnis verstanden werden und als Aufforderung, noch an den Defiziten zu arbeiten, zumal diese auch schon durch andere internationale Studien und Statistiken bekannt sind. Gerade, weil es sich oft um mehrfach beschriebene Mängel, Hemmnisse und Schwierigkeiten handelt, gibt es einen Handlungsbedarf.