Bild nicht mehr verfügbar.

Martin Pucher: "Bei mir hat es das noch nie gegeben, dass ich etwas sage, und dann etwas ganz anderes mache."

Foto: AP/ Hans Punz
Mattersburg - Schuld daran ist die Rasur. Denn eigentlich wollte Martin Pucher schon gestern bekannt geben, ob er sich den Job eines Bundesligapräsidenten antun will oder nicht. Dann aber überkam den bekennenden Morgenmuffel "ein blödes Gefühl", und zwar genau "auf dem Weg zwischen Aufstehen und Rasieren". Und deshalb gönnt er sich noch einen Tag, an dem er abwägt und abwägt und vor allem peinlich genau den Bauch befragt, weil nur der ihm sagen kann, "ob das dann eine nachhaltig tragfähige Entscheidung ist".

Puchers Problem bei der Entscheidungsfindung ist der 2. Dezember 2005: An diesem Tag hat sich Frank Stronach zurückgezogen, und dessen Vize Pucher hat erklärt, dass auch er für keine Funktion mehr zur Verfügung stehe. "Ich bin nach Mattersburg zurückgefahren und hab mich um dreißig Kilo leichter gefühlt." So erbaulich erschien ihm die Perspektive, wieder mehr Zeit für den SV Mattersburg, die Familie und sich selbst - wohl auch in dieser Reihenfolge - zu haben.

Interne Lösung

Dann aber ereignete sich der vergangene Freitag. Die Präsidenten der T-Mobile Bundesliga entschieden sich gegen die Stimmen von Rapid, Sturm und Pasching für eine "interne Lösung": Bundesligapräsident sollte also einer von den Vereinschefs werden, auch über die Möglichkeit der diesbezüglichen Rotation wurde zunächst gesprochen, aber bald schon kreiste man um den Obmann des SVM, sodass dieser die Sitzung verließ, um dann von sechs seiner Kollegen bedrängt zu werden: "Spring doch über den eigenen Schatten."

Das sagt sich so leicht. Und die Politiker hüpfen es einem ja vor bis zur Gewöhnung. "Aber bei mir hat es das noch nie gegeben: Dass ich etwas sage, und dann mache ich etwas ganz anderes." Andererseits ist Martin Pucher auch klar, "dass ein so starkes Vertrauen eine ziemliche Verantwortung mit sich bringt". Ganz abgesehen davon, dass so was natürlich schmeichelt, beziehungsweise, so sagt er es nämlich lieber, "ich mich sehr geehrt gefühlt habe".

Jetzt sitzt er seit Freitag und macht "Stricherllisten". Die wesentlichen Entscheidungshilfen sind schon eingetragen in den zwei Spalten mit den Titeln "Plus" (Verantwortung, Gestaltungsmöglichkeit, Ehre) und "Minus" (Zeitbudget, Rückzugsversprechen, SVM-Vernachlässigung). Jetzt fehlt noch der Bauch. Und zu dem zählt auch der Umstand, "dass ich es mir schwer vorstellen kann, Bundesligapräsident zu sein, ohne die Stimmen von Rapid", jenem Verein, dem sein Herz von klein auf gehört hat, und der ihn schon einmal - vergeblich - als Präsidenten zu sich gerufen hat.

Rapid und sein Präsident, Rudolf Edlinger, haben ja stets gegen eine interne Lösung mit der unausweichlichen Konsequenz einer Doppelfunktion gewettert. Und tun es immer noch, was Pucher ein wenig irritiert, da man jetzt, "nachdem die Grundsatzentscheidung gefällt wurde", "um Geschlossenheit bemüht sein soll". Eindeutige Signale in diese Richtung fehlen ihm noch, den Bauch entscheidungsreif zu machen.

Der Kopf denkt bereits in einer Art Regierungserklärung: den "bewährten Weg" fortsetzen; höchstens "nachjustieren", wo es notwenig erscheint; "agieren statt reagieren"; wenn erforderlich, "heiße Luft ablassen". Der Bauch aber schweigt noch. Kann gut sein, er spricht heute früh sein Machtwort. (DER STANDARD, Printausgabe, Donnerstag, 26. Jänner 2006, Wolfgang Weisgram)