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Ein klassisches Cello

Foto: APA/EPA/Nic Bothma
Was Mozart sein Billardtisch war, ist "Sofa Surfer" Wolfgang Schlögl die Spielkonsole.

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Zum Glück ist ein Cello keine Bratsche. Weil Wolfgang Schlögl sonst Angst bekäme. Angst davor, zu sehr in den Mozart-Rummel hineingezogen zu werden: "Ich ertrage das Mozartjahr nicht mehr." Und wenn der Musiker, DJ und Soundtüftler Schlögl im Dusel der Tourneeproben seiner Band, der Wiener "Sofa Surfers", ein bisserl länger nachgedacht hätte, hätte er sich vielleicht doch geweigert, sein Equipment mit Wolfgang A.s dokumentierter musikalischer Hardware zu vergleichen.

Wolferl - der ältere - hinterließ, neben einer Menge Schulden, (so steht es jedenfalls in seinem Nachlass) im vierten Zimmer seiner Wohnung nämlich "eine Pratschen in Futeral" (sic!) und "ein Forte-Biano mit Bedal" (sic!). Weil darüber hinaus dokumentiert ist, dass der derzeit Befeierte gerne und oft auf seinem "grünes tuchenes Billard" (sic!) zwischen den Stößen Noten aufschrieb, gehört Zerstreuung wohl auch zum "Kreativumfeld".

Da sei es, betont der 33-Jährige, der als Solokünstler unter dem Namen "I-Wolf" weltweit musiziert, "eine Entlastung, dass ich Cello gelernt habe - und nicht Bratsche." Denn dem "Forte-Biano" entkommt der ausgebildete Klavierlehrer nicht. Und die zeitgemäß-spielerische Zerstreuung zur Förderung des "Flows" darf auch nicht fehlen: "Die Band besteht aus extremen Konsolen-Sportlern: Unseren Tourbus lassen wir mit allen gängigen Spielkonsolen bestücken. Das ist das Buben-auf-Skikurs-Ding."

Und auch wenn Schlögl daheim - im kleinen Studio im Favoritner Gemeindebau - arbeitet, ist die Zerstreuung ("weniger Ablenkung als Input") elektronisch: "Der Netz-Computer ist immer online. Weil ich ständig von irgendwem Sounds gemailt bekomme. Außerdem blättere. Überallhin. Von Nachrichten- bis zu Porno-Seiten." Zusätzlich laufen meist auch "Filme, die ich mir im Kino nie ansehen würde" auf DVD: "Independence Day" etwa - "der Film läuft stumm mit Unter- titeln, und ich schaue ab und zu hin." Ob seine Musik also Soundtrack zu Filmen ist, die man nicht sehen muss? Schlögl lacht - und findet diesen Gedanken "ziemlich nett".

Nicht auf die Marke kommt es an, sondern auf das Resultat

Was wohl auch daran liegt, dass sich I-Wolf selbst als "absolut undogmatischen Laptop-Mixer" bezeichnet - und zwar sowohl was den Klang als auch was das Werkzeug angeht: "Ich vertraue auf das, womit ich gut arbeiten kann. Das ist keine Markentreue, sondern Gewohnheit." Und: "Alle wirklich kreativen Leute, die ich kenne, schauen nicht auf die Marke, sondern auf das Resultat."

Freilich kommt auch ein undogmatischer Verwerter musikalischer Bits 'n' Pieces an den Standards der Branche nicht vorbei: Platten lässt Schlögl auf "dem" Klassiker, dem Technics 1210-er, laufen. Früher sampelte er mit einem Akai S 900. "Unser erstes Album haben wir mit dem gemacht - heute ein Stück aus der Steinzeit. Aber manchmal ist Einschränkung und Begrenzung auch gut - sie zwingt zu kreativen Lösungen."

Heute arbeitet Schlögl nur noch mit seinem Rechner ("ein Acer Travelmate 800, vor zwei Jahren ein fettes Teil") geladenen Softwaresamplern und einer Soundkarte von RME. Dann kommen die Sounds in ein Röhrenmischpult (TL-Audio Tubetracker; "für den dreckigen Led-Zeppelin-Effekt"), einen Röhrenkompressor (Manley) und einen Transistor Equalizer von Avalon ("für den Sternenstaub"). All das "passt in einen Handgepäckstrolley". Wert: "Etwa 12.000 Euro. Aber das ist keine Teuer-billig-Frage: Eine Geige ist teurer. Ein guter Flügel kostet eine Million Schilling."

Ob Mozart heute ähnliches Equipment verwenden würde? Schlögl schaut gequält-irritiert: Man möge ihn mit derartigen Mozartereien verschonen, sagt der Blick. Nur, missverstanden werden will I-Wolf nicht: "Die Musik ist wundervoll, aber was derzeit drum herum passiert, kann einem die Freude daran nehmen. Aber ich erlebe gerade bei meiner Tochter, wie Mozarts Musik Babys zufrieden und ruhig macht. Das ist wunderschön - und macht alles andere nebensächlich."
(Der Standard/rondo/27/01/2006)