Straßburg - Im Europarat ist ein heftiger Streit über die Verbrechen des Kommunismus erbrannt. Nach mehrstündigen Debatten verabschiedete die Parlamentarische Versammlung des Staatenbundes am späten Mittwochabend zwar mit einfacher Mehrheit eine Entschließung, in der die "Verbrechen totalitärer kommunistischer Regime" verurteilt wurden. Eine Empfehlung an die Mitgliedsstaaten des Europarats, zur Aufarbeitung der Geschichte eine Internationale Konferenz über den Kommunismus zu organisieren und ein "Museum des Gedächtnisses" einzurichten, scheiterte hingegen an der dafür notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit.

Im Gegensatz zu den Verbrechen der Nationalsozialisten seien die der Kommunisten von der internationalen Gemeinschaft nie untersucht und verurteilt worden, stellte die Versammlung fest. Auch nach dem Zusammenbruch des Ostblocks habe es keine Debatte darüber gegeben. In dem Text wurde auf Schätzungen verwiesen, nach denen allein im kommunistischen China 65 Millionen und in Russland 20 Millionen Menschen durch politisch motivierte Verbrechen oder die Haftbedingungen in Gefangenenlagern gestorben sein sollen.

Hitzige Debatten

In der Parlamentarier-Versammlung, der Abgeordnete aus 47 ost- und westeuropäischen Ländern angehören, sorgt das Thema bereits seit Monaten für hitzige Debatten. Es müsse unterschieden werden zwischen den Idealen der Kommunisten und Verbrechen, die in ihrem Namen begangen worden seien, forderte der tschechische Linksliberale Miroslav Benes. "Wer hat denn in Deutschland, Italien, Spanien und anderswo gegen den Faschismus angekämpft?"

Der Berichterstatter, der schwedische Konservative Göran Lindblad, sagte hingegen, es sei höchste Zeit, die von kommunistischen Regierungen begangenen Verbrechen klar und deutlich zu verurteilen. Europa müsse auch diesen Teil seiner Geschichte aufarbeiten. Die Verurteilung sei nur ein "erster Schritt" gewesen.

Bereits im Vorfeld der Abstimmung hatten kommunistische Parteien in mehreren europäischen Ländern, unter anderem in Frankreich und Griechenland, sowie Künstler wie der griechische Komponist Mikis Theodorakis gegen eine "Pauschalverurteilung" des Kommunismus protestiert. Am Dienstag demonstrierten rund 200 Kommunisten aus mehreren europäischen Ländern, darunter Deutschland, vor dem Europarats-Gelände. (APA)