Wien/Rom - Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat sich bestürzt über den Wahlsieg der Hamas bei den palästinensischen Wahlen gezeigt. "Alles was wir gehofft hatten, dass sich ein Fenster für einen Frieden zwischen Israel und den Palästinensern öffnet, das ist jetzt möglicherweise für lange Zeit vorbei", sagte Berlusconi in einer Fernsehsendung, wie die Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" Freitag Früh in ihrer Internetausgabe berichtete.

Verhandlungen

Berlusconi erinnerte daran, dass Italien die sizilianische Stadt Erice als Sitz für Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern angeboten habe. "Wenn aber die palästinensische Bevölkerung mehrheitlich auf diese extremistische Organisation setzt...", formulierte Berlusconi, der dann hinzufügte: "Lassen wir auf jeden Fall der Hoffnung Raum."

Oppositionsführer Romano Prodi meinte, der Wahlsieg der Hamas rufe bei all jenen, die auf einen Friedensprozess im Nahen Osten hoffen, "tiefe Besorgnis" hervor. Er wünsche sich, besonders für das palästinensische Volk, dass die Führer der Hamas die historische Chance des Friedens und der Demokratie ergreifen. Sie hätten eine enorme Verantwortung. Das palästinensische Volk dürfe nicht vergeblich gelitten haben. Es sei sein Recht, auf eine Verbesserung des sozialen, wirtschaftlichen und politischen Lebens zu hoffen. Dies sei jedoch nur möglich, wenn die neue Führung in Frieden und in Sicherheit mit dem Staat Israel zusammenarbeite, so Prodi.

Friedensgespräche

Außenminister Gianfranco Fini erklärte, erstes Opfer des Sieges der Hamas sei die Sache der Palästinenser. Nun sei die Möglichkeit und das Recht der Palästinenser, eine eigene Heimat zu haben, in die Ferne gerückt. Fini schätzt, dass es bis zum Beginn neuer Friedensgespräche mindestens ein Jahr, vielleicht auch mehr, dauern werde.

Karzai: Hamas-Wahlsieg anerkennen

Der afghanische Präsident Hamid Karzai hat gefordert, den Sieg der Hamas bei den palästinensischen Wahlen anzuerkennen. "Wenn das palästinensische Volk für die Hamas gestimmt hat, müssen wir das akzeptieren", erklärte Karzai, der am Donnerstag am Weltwirtschaftsforum in Davos teilnahm. Der Wahlsieg sei eine Realität, auch Israel müsse dies anerkennen, so der afghanische Präsident. Er hoffe, dass die Hamas in Verhandlungen mit Israel eintrete und das Volk Israels als Nation anerkenne. Auch die Israelis müssten die Existenz einer palästinensischen Nation akzeptieren. Die Hamas wiederum müsse sehen, dass die Israelis ein Volk mit Familien und Kindern wie alle Menschen auf der Welt seien.

Finanzhilfen

Deutsche Politiker stellen die Finanzhilfen für die Palästinenser in Frage. Entweder die Hamas schwöre der Gewalt ab und erkenne das Existenzrecht Israels an, "oder wir werden uns überlegen, die Finanzquellen zum Versiegen zu bringen", sagte der SPD-Außenpolitiker Gert Weisskirchen der "Berliner Zeitung" von Freitag. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok (CDU), sagte dem Blatt: "Wir können nicht Steuergelder für eine Regierung ausgeben, die der Gewalt nicht abschwört und das Existenzrecht Israels nicht anerkennt."

Auch der außenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Eckart von Klaeden, sagte der Zeitung, diese Bedingungen seien Voraussetzung für jede Zusammenarbeit und jede Unterstützung. Der CDU-Politiker äußerte jedoch die Hoffnung, dass die Hamas ihren Kurs ändern könnte. Zuvor hatte bereits der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler, gesagt, die Hamas müsse die Existenz Israels anerkennen. Zudem müsse es einen Gewaltverzicht und eine konkrete Entwaffnung der eigenen Gruppierungen geben. Deutschland werde ebenso wie die Europäische Union (EU) die Hilfen an diese Bedingungen knüpfen.

Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin mahnte in der "Berliner Zeitung" zur Zurückhaltung. Die Wähler in den Palästinensergebieten hätten sich aus wirtschaftlichen und sozialen Gründen für die Hamas entschieden und nicht so sehr wegen der radikalen Rhetorik gegen Israel. Die Hamas hatte bei der Wahl 76 Sitze im Palästinenser-Parlament erobert und damit eine deutliche absolute Mehrheit erlangt. (APA)