Wien - Alle zwei bis drei Stunden Eiserneuerung, recht tiefe erforderliche Temperaturen und Blamagen mit dem Eis wie ehemals bei der Eishockey-WM im vergangenen Jahr in Wien sollen bald der Vergangenheit angehören. Mit einem der Novartis-Preise 2005 (Chemie) wurde am Freitag in Wien Dr. Thomas Loerting (Institut für Physikalische Chemie/Innsbruck) ausgezeichnet. Aus seiner Grundlagenforschung soll auch eine bessere "Unterlage" für Eislaufplätze entstehen.

Eiserforschung

"Wir beschäftigen uns seit relativ kurzer Zeit in Zusammenarbeit mit der Firma AST in Reutte in Tirol damit, die Eisgewinnung für (Kunst-)Eislaufplätze zu optimieren. Für Kunsteis benötigt man Temperaturen von minus sieben bis minus neun Grad Celsius. Wir suchen nach Wegen, Eis bei nur minus zwei Grad Celsius herzustellen. Auch der Abrieb, bei dem man derzeit das Eis alle zwei bis drei Stunden aufwendig abhobeln muss, soll geringer werden", sagte Loerting bei einer Pressekonferenz anlässlich der Überreichung der von dem Pharmakonzern in Österreich gestifteten Auszeichnung.

Im Labormaßstab sei eine Optimierung durch die Zugabe bestimmter - natürlich geheim gehaltener Substanzen zum Wasser für die Eisgewinnung - bereits gelungen. Kunsteiserzeugung bei nur minus zwei Grad Celsius würde natürlich einen erheblichen Energiespareffekt bedeuten.

Auszeichnung für Medizin

Die Auszeichnung für Medizin erhielt Univ.-Prof. Dr. Veronika Sexl vom Institut für Pharmakologie der Medizinischen Universität Wien. Sie untersucht Mechanismen, die zur Entstehung von Krebs beitragen. Dabei hat sie mit ihrem Team entdeckt, dass zum Beispiel das JunB-Gen bei der Entstehung von T-Zell-Lymphomen (Blutkrebs) eine fördernde Rolle spielt, bei B-Zell-Lymphomen hingegen zumindest am Beginn der Erkrankung ehe einen bremsenden Faktor darstellt. Weiters beschäftigt sich die Wissenschafterin mit Enzymen (TYK2-Kinase), welche ebenfalls an der Entwicklung von Krebs beteiligt sind. Im Rahmen der Studien wurden auch bereits potenzielle Ziele für neue Krebsmedikamente identifiziert.

Weitere Auszeichnung

Die dritte Preisträgerin der von Novartis gestifteten Auszeichnung ist in diesem Jahr Univ.-Doz. Dr.DI Barbara Bohle vom Institut für Pathophysiologie der Medizinischen Universität Wien für den Fachbereich Biologie. Sie beschäftigt sich seit Jahren mit der Rolle bestimmter T-Helfer-Zellen in der Entstehung von Allergien. Die Arbeiten haben auch zur Entwicklung von Adjuvantien geführt, welche in Zukunft auf gentechnischer Basis hergestellten Allergie-Impfstoffen zu einer besseren Wirksamkeit verhelfen sollen.

Diese Zusatzstoffe sollen die immunologische Reaktion auf die Vakzine verstärken. Dazu eignen sich zum Beispiel Bestandteile der Membran bestimmter nicht krankheitserregender Bakterien.

Forderungen

Einig waren sich die Preisträger in der Forderung nach mehr Mitteln für die Grundlagenforschung in Österreich. Veronika Sexl: "Es hat keinen Sinn, Geld nur in die Anwendungsforschung zu stecken. Man muss auch mehr Geld in die Grundlagenforschung stecken. Wir brauchen beides - und wir brauchen dringend mehr Geld." Erst die Grundlagenforschung, die aus Neugierde durchaus "im Trüben fischt" und völlig neue Erkenntnisse erschließt, würde die Basis für eventuelle spätere Anwendungen bieten. Derzeit aber gäbe es ein Ungleichgewicht zu Gunsten der Anwendungsforschung.

Die Wissenschafterin: "Die Bewilligungsrate des FWF (Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, Anm.) liegt bei 15 Prozent. Sie sollte auf 40 Prozent steigen." Man dürfe nicht nur heraus ragende Projekte unterstützen: "Man braucht eine gewisse Breite. Alles andere schneidet die Qualität ab. Das tötet die Spitze."

Plädoyer für Verbundforschung

Univ.-Prof. Dr. Georg Stingl (Leiter der Abteilung für Immundermatologie an der Universitäts-Hautklinik in Wien), Festredner bei der Überreichung der Auszeichnungen am Freitag und ehemals selbst Preisträger, betonte die zunehmende Bedeutung für die Zusammenarbeit von Grundlagenforschern und in der Industrie tätigen Wissenschaftern: "Wir brauchen Verbundforschung. Dabei bekommt die Interaktion mit der Industrie besondere Priorität."

Für die Förderung der brillanter Ideen einzelner Wissenschafter sollte allerdings trotzdem Geld da sein. Stingl: "Es ist in Österreich kaum noch möglich, Einzelanträge (bei der Forschungsförderung, Anm.) durchzubringen."

Am Freitag wurde der Novartis-Preis zum 35. Mal überreicht. Es handelt sich um eine der traditionsreichsten Auszeichnungen auf dem Gebiet der Grundlagenforschung in Österreich. (APA)