Jerusalem - Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel will die Finanzhilfen für die palästinensischen Gebiete streichen, falls die Hamas das Existenzrecht Israels nicht anerkennt. Zudem müsse die radikalislamische Bewegung auf Gewalt verzichten und die Vereinbarungen aus dem Friedensprozesses akzeptieren, sagte Merkel am Sonntagabend nach einem Treffen mit dem amtierenden israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert in Jerusalem. Diese Bedingungen sollten als "klares Signal" Deutschlands und anderer europäischer Länder verstanden werden.

Merkel traf am Sonntagnachmittag zu ihrem zweitägigen Antrittsbesuch in Israel und den Palästinensischen Gebieten in Jerusalem ein. Am Montag trifft die deutsche Kanzlerin Merkel mit dem palästinensischen Präsidenten Abbas zusammen. Bei dem Gespräch soll es um die Folgen des Wahlsiegs der Hamas und den bevorstehenden Regierungswechsel in den palästinensischen Gebieten gehen.

Terroristische Gruppe

Olmert bedauerte das palästinensische Wahlergebnis und begrüßte die Bedingungen, die die EU und die USA für Verhandlungen mit der Hamas aufgestellt haben. Merkel betonte, dass es unvorstellbar sei, die palästinensische Autonomiebehörde künftig finanziell zu unterstützen, wenn die Hamas ihre Positionen nicht ändere. "Die Hamas ist in der Europäischen Union als terroristische Gruppe gelistet", betonte Merkel.

Am Montag ist in Ramallah ein Gespräch mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas vorgesehen. Nach den Worten von Israels Botschafter in Deutschland, Shimon Stein, soll Merkel Abbas an seine Zusage zur Entwaffnung von Terrororganisationen erinnern. Merkel wird in Israel auch die neue Außenministerin Tzipi Livni, Likud-Chef Ex-Premier Benjamin Netanyahu und den Vorsitzenden der Arbeiterpartei, Amir Peretz, treffen und von Staatspräsident Moshe Katzav empfangen werden. Die deutsche Regierungschefin besucht auch die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem.

Hamas wünscht angeblich Treffen mit Merkel

Der israelische Rundfunk verbreitete am Sonntag eine Meldung "aus palästinensischen Quellen", wonach sich die aus den palästinensischen Wahlen als stärkste Kraft hervorgegangene Hamas an "deutsche Diplomaten" mit der Bitte um ein Treffen mit der Bundeskanzlerin am Montag gewandt haben soll. Ein deutscher Regierungssprecher erklärte auf Anfrage: "Das Wort Hamas nehme ich nicht in den Mund. Frau Merkel wird nach Ramallah fahren und dort, wie es in ihrem Programm steht, Präsident Mahmoud Abbas treffen. Punkt." Anrufe bei den deutschen Vertretungen in Tel Aviv und Ramallah hätten ergeben, dass es keinerlei Kontaktaufnahme der Hamas mit deutschen Diplomaten gegeben habe.

Fatah-Vertreter als Vermittler?

Der Reporter des israelischen Rundfunks Dani Zaken, der die Meldung verbreitet hat, wollte seine Quellen nicht nennen. Hamas-Leute jedoch, die sich um die "Politik nach außen" kümmern, hätten ihm gesagt, dass sie ein Treffen mit Merkel wünschten. Des Weiteren habe er erfahren, dass Vertreter der bisher regierenden Fatah, die ohnehin Ansprechpartner der deutschen Diplomaten sind, als "Vermittler" aufgetreten seien und die Botschaft der Hamas an die deutsche Seite übermittelt hätten. Weiter sagte der Reporter, dass seine palästinensischen Quellen "fast keine Chance für das Zustandekommen eines solchen Treffens sehen. Dennoch wollte die Hamas an die Europäer eine Botschaft über ihre Dialogbereitschaft senden."

Hamas-Delegation nach Europa?

Der Reporter berichtete, dass auf Anweisung des Hamas-Chefs im Gaza-Streifen, Ismail Haniyeh, der als möglicher künftiger Regierungschef gehandelt wird, eine Hamas-Delegation zusammengestellt werde, die nach Europa reisen wolle. Die Hamas-Vertreter wollten den Europäern erklären, dass sie nicht die Absicht hätten, etwa eine Schleierpflicht für Frauen einzuführen, und dass die Europäer keine Angst vor der Hamas haben müssten. (APA/dpa)