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Immer schön locker bleiben: Finanzminister Grasser und seine Frau Fiona plaudern mit Thomas Gottschalk bei "Wetten, dass . . .?" über vordergründig Unpolitisches.

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Politik sucht Sport sucht Patriotismus: Auf der Ehrentribüne beim Nachtslalom in Schladming jubelten Gehrer, Schüssel, Fischer, Voves und Gusenbauer um die Wette.

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Auf der Couch der Nation: Schüssel im März 2005 bei "Vera".

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Hatte eine eigene Soft-Issue-Beraterin: Ex-Vizekanzlerin Riess-Passer.

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Der Finanzminister bei "Wetten, dass . . .?", Bundespräsident, Bundeskanzler und Minister beim Nachtslalom in Schladming: Im Wahljahr suchen Politiker nach Auftrittschancen mit Weichzeichner-Effekt. Es wird fleißig "Talkshow-Politics" gemacht.

Wien – Karl-Heinz Grasser präsentierte sich bei seinem "Wetten, dass . . .?"-Auftritt in Salzburg Samstagabend Seite an Seite mit seiner Frau Fiona als das perfekte Polit-Glamour-Pärchen: Aufgekratzt gut gelaunt plauderte der Finanzminister über seine Karriere, seine Frau gab die vielbeschäftigte Mutter und Karrierefrau. Politik wurde nur gestreift.

Unpolitisch war der Auftritt der beiden vor 20 Millionen Zuschauern deshalb aber nicht. Grasser verglich sich bewusst mit dem ehemaligen deutschen Finanzminister Hans Eichel (SPD). Hier der dynamische, junge Vorzeigeminister der Ösis, dort die deutsche Symbolfigur für das gescheiterte Projekt Rot-Grün.

"Österreich ist das bessere Deutschland"

"Auf diese Weise transportierte er eine der Hauptbotschaften der ÖVP im Wahljahr: Österreich ist das bessere Deutschland", meint Politologe Peter Filzmaier. Wenn Politiker nach Präsenz in Unterhaltungsformaten streben, nennen Politologen das "Talkshow-Politics" (siehe Wissen). Je näher der Wahltermin, desto wahrscheinlicher ist es, einem Politiker auch abseits der Hauptabendnachrichten am Bildschirm zu begegnen. Nur dort erreichen sie neue und junge Zielgruppen. Das Durchschnittsalter der "ZiB 1"-Zuseher liegt inzwischen bei 60 Jahren, jenes der bewusst jugendlich gestalteten "ZiB 3" immer noch bei ältlichen 53.

"Solche Auftritte sind aber auch ideale Image-Weichzeichner", sagt der Politikberater Thomas Hofer. "Wo sonst haben Politiker die Chance, sich persönlich und menschlich zu positionieren – sozusagen auf Augenhöhe mit dem Wähler?"

Das ist auch der Grund dafür, dass jeder Politiker, der kann, die Chance nutzt, auf der Couch eines Talkmasters Platz zu nehmen. Ex-Bundeskanzler Franz Vranitzky war ebenso bei Thomas Gottschalk zu Gast wie Fred Sinowatz.

Haider wich auf "Vera" aus

Nur Jörg Haider blieb diese Krönung im Talk-Olymp verwehrt, er wich auf die nationale Variante "Vera" aus. Zu Vera Russwurm gingen auch Kanzler Wolfgang Schüssel und die ehemalige Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer, die über ihre Angst vor Brustkrebs plauderte.

Riess-Passer war es auch, die als Ministerin erstmals eine eigene PR-Beraterin für "soft issues" einstellte, wie Auftritte im Adabei-Genre im Politberaterjargon genannt werden. Waltraud Vones, die heute im Sozialministerium arbeitet, lotste auch Ex-Sozialminister Herbert Haupt erfolgreich auf die TV-Couch.

"Solche Auftritte zeigen den Zuschauern, dass auch denen da oben alles an Schicksalsschlägen passiert, was auch sonst jedem zustoßen kann", meint sie. Ob der gewünschte Effekt eintritt, hängt natürlich sehr von den betroffenen Personen und den Umständen ab. "Sozialminister sind zum Beispiel nie zum Opernball gegangen. Und ich würde diese Regeln auch nicht brechen, das hielte ich nicht für sinnvoll", erklärt sie.

Eines müsse den Politikern, die sich der Öffentlichkeit so präsentieren, aber klar sein. "Natürlich öffnet man damit eine Tür. Mit dem muss man kalkulieren, kann es aber auch steuern. Aber das wissen die beiden", macht sie sich um das Ehepaar Grasser-Swarovski keine Sorgen.

Politische Claqueure in Schladming

Sorgfältig setzt auch Bundespräsident Heinz Fischer seine Seitenblicke-Auftritte ein, zuletzt etwa beim Nachtslalom in Schladming. Kaum ein Sportereignis zieht – vielleicht abseits vom Hahnenkamm-Rennen in Kitzbühel – mehr politische Claqueure an. Neben Fischer drängten sich Bundeskanzler Schüssel, Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP), Nationalratspräsident Andreas Khol (ÖVP) und – in der politischen Seitenblicke-Welt noch eher Zaungast – SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer auf der Ehrentribüne – und vor die Kameras.

Sport schafft Identität und Nationalstolz, da lässt sich die Politik nicht lange bitten.

Den Bildschirmwettlauf gewann diesmal eindeutig Fischer. Voller Begeisterung schwenkte er immer dann die österreichsche Fahne, wenn ein Österreicher ins Ziel raste.

Dass er dabei mehrmals Schüssels Gesicht verdeckte, war natürlich reiner Zufall. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30.01.2006)