Seit vier Tagen liegen die Feinstaubwerte in Graz über 100 Mikrogramm Tagesmittelwert (Grenzwert 50 Mikrogramm) und eine Besserung ist vorläufig nicht in Sicht. "Die höchste Dauerbelastung seit dem Winter 2003/04", weiß man in der Luftgüteüberwachung des Landes. An die Autofahrer wird appelliert, das Vehikel "außer in Ausnahmefällen unbedingt zu Hause stehen zu lassen". Die Grünen sprechen von einem "akuten Feinstaubnotstand".

Der Appell betrifft auch andere steirische Regionen, wobei der mangelnde Luftaustausch und damit die Hartnäckigkeit der Belastungssituation besonders im Grazer Becken bis gegen das Wochenende hin anhalten dürfte. In der steirischen Landeshauptstadt ist die Feinstaubkonzentration überhaupt seit drei Wochen nicht mehr unter den Grenzwert gesunken.

Kritik

Mittlerweile hagelt es kritische Stellungnahmen gegen die Verantwortlichen von Stadt und Land. "Es ist erbärmlich, wie untätig auf die derzeitigen Feinstaubwerte nicht reagiert wird", so der Umweltsprecher der Grazer Grünen, Hermann Candussi. Scharf attackierte Candussi Bürgermeister Siegfried Nagl (V), der es nicht einmal geschafft habe, die Grazerinnen und Grazer eindringlich zu ersuchen, auf unnötige und aufschiebbare Kfz-Fahrten zu verzichten: "Ein Stadtoberhaupt, das sich über mögliche kurzfristige Umsatzrückgänge der Innenstadtgeschäfte mehr Sorgen macht als um die Gesundheit der Menschen in dieser Stadt, ist ebenso fehl am Platz wie ein Landesrat, für den das wichtigste Ziel seiner Politik die Erreichbarkeit eines Einkaufszentrums ist." Letzteres ging an die Adresse von Landesrat Hans Seitinger (V), der im Kabinett Klasnic auch für die Umweltagenden zuständig war.

"Betrug an der Bevölkerung"

Für die Klubchefin der Grünen im Landtag, Ingrid Lechner-Sonnek, sind sowohl die Feinstaubwerte als auch "die politische Unfähigkeit außer Kontrolle". Lechner-Sonnek kritisierte das Hickhack zwischen Ex-Umweltlandesrat Seitinger und seinem Amtsnachfolger Manfred Wegscheider (S) und forderte im Rahmen eines Feinstaubalarmplans schulfrei bei dreifacher Überschreitung der gesundheitsgefährdeten Grenzwerte.

Das abrupte Ende der SMS-Gratis-Ticketaktion des Umweltressorts ist für die Grüne Klubobfrau "ein Betrug an der Bevölkerung": Tausende Menschen, die die Feinstaubbedrohung ernst nehmen, hätten sich angemeldet und würden nun "verschaukelt". In der Zielsetzung anders gelagert die Kritik des steirischen BZÖ-Obmanns Gerald Grosz: "Das Chaos um die Gratistickets in Graz ist leider der beste Beweis dafür, dass diese Landesregierung nicht im Stande ist, nur die geringste Maßnahme gegen die Feinstaubbelastung umzusetzen". Landesrat Wegscheider wird aufgefordert, seine Pläne für ein Fahrverbot zurückzuziehen. (APA)