Bozen - Die "Schutzfunktion Österreichs für Südtirol" ist seit 1955 eines der zentralen Themen der österreichischen Außenpolitik und soll mithelfen, der oft als "österreichischen Minderheit" bezeichneten deutsch- und ladinischsprachigen Volksgruppe südlich des Brenners das Überleben in Italien zu ermöglichen. Der völkerrechtliche Begriff fußt auf Verträgen zwischen Wien und Rom. Auch nach Abgabe der so genannten Streitbeilegungserklärung (1992) hat Bozen in heiklen Situationen wie zuletzt der italienischen Verfassungsreform unter Hinweis darauf Wien um Unterstützung ersucht.

1946

Bei der Friedenskonferenz in Paris wird am 1. Mai 1946 die österreichische Forderung nach Abhaltung einer Volksabstimmung in Südtirol endgültig abgewiesen. Auf Drängen der Westmächte kommt es am 5. September 1946 zum Abschluss eines Schutzvertrages, der von den Außenministern Karl Gruber und Alcide De Gasperi unterzeichnet und später als das "Gruber/De Gasperi-Abkommen" oder "Pariser Vertrag" bezeichnet werden wird. Darin werden den Südtirolern unter anderem Maßnahmen zur Erhaltung ihres Volkscharakters, die Gleichstellung der deutschen Sprache und die Gewährung einer Autonomie zugestanden. Das zweiseitige Abkommen wird als integrierender Bestandteil in den Friedensvertrag der Alliierten mit Italien aufgenommen. Die Südtirol-Frage wird dadurch zum ersten Mal internationalisiert.

1948

Das erste Autonomiestatut erhalten die Südtiroler im Jahr 1948. Allerdings wird Südtirol auf Drängen De Gasperis mit dem Trentino in eine Region zusammengefasst. Mit dem "Marsch auf Sigmundskron" 1957 verlangen 35.000 Südtiroler unter Führung des jungen SVP-Obmannes und späteren Landeshauptmannes Silvius Magnago das "Los von Trient" und eine eigene Autonomie für Südtirol.

1960

Nach zahlreichen Sprengstoffanschlägen bringt 1960 der damalige österreichische Außenminister Bruno Kreisky das Südtirol-Problem vor die UNO. In einer Resolution wird festgehalten, dass die Autonomie zum Schutz des Volkscharakters und zur Wahrung der kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung der Südtiroler zu behandeln ist und Österreich zweifelsohne ein Mitspracherecht habe. Trotz der UNO-Stellungnahme weigert Italien sich aber weiterhin, den Südtirolern eine Autonomie zuzugestehen.

1969

Am 22. November 1969 stimmt die Landesversammlung der Südtiroler Volkspartei dem "Paket" als Zwischenlösung der Südtirol-Frage mit knapper Mehrheit zu. Entschiedener Befürworter ist Landeshauptmann Magnago. Das Paket sieht 137 Maßnahmen zum besseren Schutz der Südtiroler vor. Als Garantie für die Einhaltung der italienischen Zusagen wird ein "Operationskalender" vereinbart. Erst wenn Italien das Paket zur Gänze erfüllt hat, wird Österreich die Erklärung abgeben, dass Wien den bei der UNO anhängigen "Streit über die Durchführung des Pariser Abkommens als beendet erachtet".

1972

Am 20. Jänner 1972 tritt das neue Autonomiestatut in Kraft. Alle Durchführungsbestimmungen hätten bis 1974 erlassen werden müssen. Gegen Ende der 70-er Jahre verlangsamt sich jedoch das Tempo beim Erlassen der Bestimmungen immer mehr. Die Verhandlungen dauerten bis zum Jänner 1992 an.

1992

Am 11. Juni 1992 wird der formelle Abschluss der Südtirol-Verhandlungen vollzogen. Österreich betont, dass die Schutzmachtfunktion aufrecht bleibe und der im Operationskalender vorgesehene Österreichisch-Italienische Nachbarschaftsvertrag einen flexiblen, leicht zu handhabenden Streitschlichtungsmechanismus enthalten solle. Dieser Nachbarschaftsvertrag wird allerdings nie unterschrieben. Es kommt lediglich zu einem "Rahmenabkommen über grenzüberschreitende Zusammenarbeit".

In den vergangenen Jahren kommt es vor allem im Zuge der neuen italienischen Verfassung zu einem "Wechselbad der politischen Gefühle", wie dies der derzeitige Landeshauptmann Luis Durnwalder bezeichnet. Auf diplomatischer Ebene wird wiederholt "Hilfe" aus Wien geleistet. In Südtirol selbst sorgt die Umbenennung des "Siegesplatzes" für ethnische Spannungen, die sich auch in den Gemeinderatswahlen 2005 niederschlagen. (APA)