Wien - Mit dem Ende der Begutachtungsfrist trudeln auch die letzten Begutachtungsstellungnahmen zur Schwerarbeiterregelung ein - und die sind fast durchgehend kritisch. So bemängelt etwa die Wirtschaftskammer, dass die DienstgeberInnen zur Meldung von Schwerarbeit gezwungen werden sollen, fordert die Ärtzekammer die Berücksichtigung von Lebensarbeitszeit statt von Arbeitsjahren, bekrittelt die Landwirtschaftskammer die Systematik der gesamten Regelung, will die Arbeiterkammer, dass auch Frauen fünf Jahre vor dem Regelpensionsalter in den Ruhestand treten dürfen und verlangt der ÖGB eine Zusatzregelung für Frauen.

Zum Auffrischen

Der Gesetzes- und der Verordnungsentwurf von Sozialministerin Ursula Haubner (B) sehen vor, dass in einer Übergangszeit bis 2020 während der letzten 20 Jahre vor der Pension zehn Jahre lang Schwerarbeit geleistet worden sein muss. Der Pensionsantritt ist dann mit 60 möglich, die Abschläge betragen 1,8 Prozent pro Jahr. Im Dauerrecht werden dann 15 Jahre im gesamten Erwerbsleben verlangt, um von der Regelung profitieren zu können, frühest möglicher Antritt ist 60, die Abschläge liegen - je nach Schwerarbeitsdauer - zwischen 2,1 und 0,85 Prozent. Als Schwerarbeit gelten unter anderem besonders anstrengende Tätigkeiten (bei Frauen 1.400, bei Männern 2.000 Arbeitskalorien), sowie Nacht/Wechseldienst, Arbeit im Pflegebereich, bei extremen Temperaturen sowie unter physikalischen und chemischen Einflüssen.

"Minderheitenprogramm"

Der Ausschluss von Frauen und die "enge Definition" der Schwerarbeit sind für ÖGB-Vizepräsidentin Renate Csörgits "massive Kritikpunkte" am Entwurf für eine Schwerarbeiterregelung. Es handle sich um ein "Minderheitenprogramm" und wieder um "ein Sozialgesetz, das ein Murksgesetz ist", ärgerte sich die Gewerkschafterin bei einer Pressekonferenz am Dienstag. So lange die Definition, was unter Schwerarbeit fällt, nicht ausgedehnt werde, wird der ÖGB dem Entwurf der Sozialministerin seine Zustimmung verweigern.

Bedingungen

Würde die Definition weiter gefasst werden, sei eine Zustimmung "sicherlich" möglich. "Aber so wie es derzeit vorliegt, können wir nicht zustimmen", betonte Csörgits. Nach einer Berechnung des ÖGB würden zwischen 2007 und 2010 (so lange läuft die Hacklerregelung noch, Anm.) rund 300 bis 500 Männer unter die Schwerarbeiterregelung fallen. Das sei viel zu wenig, denn von Schwerarbeit seien wesentlich mehr Menschen betroffen, kritisierte Csörgits. Für Frauen komme in diesem Zeitraum überhaupt keine Schwerarbeiterregelung zu tragen. Ab 2010 würden nach Schätzungen der Pensionsversicherungsanstalt gerade mal 1.500 Personen pro Jahr - das seien nur rund zwei Prozent der Pensions-Neuzugänge - unter die Regelung fallen.

Die Kritikpunkte der Gewerkschaft sind auch noch folgende: Menschen, die in früheren Arbeitsjahren Schwerarbeit geleistet haben, hätten nichts von der neuen Regelung, da diese Arbeit nicht angerechnet werde. Dass Tätigkeiten im Pflegebereich an das Pflegegeld angeknüpft werden, ist für Csörgits nicht sinnvoll. Klar sei in der "Schwerarbeitsverordnung" auch nicht, ob Personen in der mobilen Altenbetreuung und in der Rehabilitation unter die Regelung fallen.

Ausgeblendet

Die Frage der psychischen Belastung in bestimmten Jobs - wie Streetwork oder Arbeit mit krebskranken Kindern - werde ebenfalls ausgeblendet. Bei der Regelung über die Nacharbeit, wonach sechs Stunden im Zeitraum von 22 bis 6 Uhr während sechs Arbeitstagen pro Monat geleistet werden müssen, werde auf arbeitsmedizinische Erkenntnisse keine Rücksicht genommen.

Beispielfall

Gabriela Kegelreiter-Maleninsky, selbst Pflegehelferin und Personalvertreterin, betonte, dass gerade im Pflegebereich die Anforderungen sehr hoch seien - sowohl körperlich als auch seelisch. Wirbelsäulen-Schäden, Burn-out und Depressionen, chronische Erkrankungen würden an der Tagesordnung sein. Gerade deshalb ist Kegelreiter verwundert, dass psychische Belastungen nicht als Schwerarbeit gelten würden. Die Anknüpfung an Pflegestufe fünf sei sehr hoch gesetzt, da auch Pfleglinge mit der Stufe drei bereits eine große Herausforderung für das Pflegepersonal darstellen könnten.

Keine "faire Lösung"

Das Fazit der Vizepräsidentin Csörgits: Es sei nun wieder keine "faire Lösung" zu Stande gekommen. Auf Grund des Gesetzesvorschlags und auch mit der "Schwerarbeitsverordnung" werde vielen Menschen Hoffnung gemacht, die bei genauerer Betrachtung nicht erfüllt werden könnten, bemängelte Csörgits. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen und der Verordnungsentwurf müssten überarbeitet werden. (APA)