Die Buchstaben sind so klein. Immer wieder habe ich es den "Gap"-Machern mitgeteilt, auf Verständnis hoffend. Darüber könnten sie doch nicht hinwegsehen, sie seien schließlich in meinem Alter, in dem die Computerarbeit langsam die Fehlsichtigkeit hervorbringt. Vielleicht wissen sie auch besser, wie man ein Medium für Popkultur gestaltet. Neun Jahre hat das Blatt hinter sich und ist damit wesentlich älter als jedes andere der "anderen Magazine" dieser Serie. Es heißt auch nicht immer "The Gap" am Cover, sondern auch schon einmal "Das Gap", das Spielen mit dem Logo gehört zum Programm. Das Erscheinungsbild hat sich im Laufe der Zeit immer wieder, teilweise recht radikal gewandelt. Die kleine Schrift ist ihm leider geblieben und das Layout passt mittlerweile viel zu gut zu den Anzeigen. Ein werbefreundliches Umfeld ist manchmal auch ein Leser-feindliches. Man sollte die Geschichten im Gap nicht suchen müssen. Denn sie sind es Wert, gelesen zu werden.

Unabhängig, nicht rückblickend

Laut seinem Chefredakteur Thomas Weber hat das Gap sein Fanzine-Dasein "überwunden" und die Blattmacher verstehen ihr zweimonatlich erscheinendes Produkt als "Popmagazin". Ein positiver Effekt dieser Entwicklung ist, dass sich die vielen, vielen Redakteure und Mitarbeiter nicht mehr mit der Sprache der alternativen Musikmagazine in den 80ern und 90ern messen müssen. Da landete man in früheren Ausgaben oft in einem Erstsemestrigen-Tutorium, in dem es darum ging, dem bundesdeutschen Vorbild in Nichtverständlichkeit und akademischer Trendsprache nachzueifern.

"Pop" in seiner Vielfalt

Das Blatt hat sich gewendet, auch in der Thematik. Da es darum geht, "Pop" in seiner Vielfalt abzudrucken (und auch immer mehr abzulichten), widmen sich die Coverstorys Schriftstellern, Modelabels oder der Diddlmaus. Damit es nicht zu beliebig wird, wie die Popkultur nun mal ist, setzen die Redakteure auf Österreich-Bezug und thematisieren die wichtigsten kulturellen Ereignisse in diesem Land, wie die Diagonale oder die Viennale. Leider ist es den Schreibern nur selten erlaubt, zurückzublicken. Sie müssen ihre Augen auf die Gegenwart, die unbedingte Aktualität heften. Eine nervige Eigenschaft der "Popkultur" ist es, den Augenblick, das Jetzt, eben den Pop zu beschreiben, den Trend auszurufen und dabei auf die Retrospektive zu verzichten. Da ist das Gap dem Radiosender FM4 nicht unähnlich, der über vergleichbare Themenbereiche berichtet.

Tiefe

Seit drei Ausgaben werden größere Artikel und Kolumnen auch bezahlt, für Thomas Weber ein "Meilenstein", der die "Abgabemoral immens verbessert hat". Fast immer gehen die Autoren des Gap bei ihren Texten in die Tiefe, das ist nicht nur bei den längeren Artikeln und Interviews so, sondern auch in der stets gut gefüllten Abteilung "Rezensionen". Wenn auch die Selbstherrlichkeit, etwa bei den Buchkritiken, hin und wieder durchschlägt, beweist dieser Magazinteil wie auch der Rest des Hefts eine gewisse Unabhängigkeit von den Labels, Verlagen, Filmfirmen und Konsolenherstellern.

Das ist gar nicht so leicht. Als Vertreter des "Konzepts Gratiszeitung" sind die Gapler dem Anzeigenmarkt noch schonungsloser ausgeliefert als wir "anderen Magazinmacher". Dafür ist die Zeitschrift auch überall dort erhältlich, wo sich die Zielgruppe aufhält. Und schließt dort – womit wir beim unvermeidlichen Wortspiel wären – eine Lücke als wichtigstes österreichisches Medium für Popkultur.