Salzburg - Es ist die häufigste chromosonale Erkrankung bei Buben und doch bleibt sie meist unerkannt. Das so genannte Klinefelter-Syndrom wird oft erst entdeckt, wenn der Kinderwunsch eines Paares unerfüllt bleibt. Am Freitag stellten bei einer Pressekonferenz in Salzburg Ärzte und Betroffene die Merkmale sowie die Therapie-Möglichkeiten dieser Erkrankung vor, von der in Österreich rund 10.000 Männer und Buben betroffen sind.

Genetisch bedingte Fertilitätsstörung

"Dem Klinefelter-Syndrom wird viel zu wenig Augenmerk geschenkt", weiß der Leiter der Baby-Wunschklinik in Wals, Michael Zajc. Es sei die häufigste genetisch bedingte Fertilitätsstörung. Betroffene Männer haben keine oder nur eine sehr eingeschränkte Spermienproduktion. Auch wenn die Erfüllung des Kinderwunsches auf natürlichem Weg unwahrscheinlich ist, gibt es mittlerweile gute Behandlungsmöglichkeiten, um die Symptome - niedriger Testosteronspiegel, frühzeitige Osteoporose, geistige und körperliche Antriebslosigkeit - in den Griff zu bekommen. Der Androloge Andreas Jungwirth empfiehlt eine Hormonersatztherapie zur Hebung des Testosteronspiegels. Neuere Behandlungen erfolgen mittels Depotspritze, die den Patienten für drei Monate mit den nötigen Hormonen versorgt.

Merkmale

Ursache für das Klinefelter-Syndrom ist eine chromosonale Störung: Die Männer haben ein X-Chromosom mehr und damit einen Chromosomensatz von 47 XXY statt 46 XY Chromosomen. Für einen "hellhörigen Kinderarzt" sei die Störung auch schon bei kleinen Buben erkennbar: die Kinder werden etwas größer, haben eine leicht verzögerte motorische und sprachliche Entwicklung. Damit sei häufig eine Leseschwäche verbunden, erläuterte der Kinderarzt Olaf Rittinger. Außerdem wären sie oft scheu, zurückgezogen und unreif. In der Pubertät wird die Störung stärker sichtbar: der Bartwuchs ist schwach, Hoden und Penis bleiben klein, die Buben wirken feminin. Erst der unerfüllte Kinderwunsch führe viele Männer dann zum Arzt, weiß Rittinger.

Keine Erfahrung

Helmut Kronewitter, dem Gründer einer Selbsthilfegruppe für Männer mit Klinefelter-Syndrom, geht es um Aufklärungsarbeit und Hilfe für betroffene Männer sowie deren Familien. Bei ihm wurde die Erkrankung erst mit 31 Jahren diagnostiziert. Damals hatte man ihn nach Deutschland verwiesen, weil in Österreich die Mediziner keine Erfahrung mit dieser häufigen Störung hatten. (APA)