"Ich will das tun, wo ich dem Jörg am besten helfen kann", sagte Susanne Riess-Passer 1991, als sie im Bundesrat ihre politische Karriere bei der FPÖ startete. Auf Jörg Haiders Wohlbefinden und seinen direkten Durchgriff wird sie jetzt wohl auch in der blau-schwarzen Regierung achten. Einen Tag nach ihrem 39. Geburtstag wurde die gebürtige Braunauerin als erste Vizekanzlerin dieser Republik angelobt. Riess-Passer ist das nette Gesicht der FPÖ. Sie ist charmant und zivilisiert in den Umgangsformen. Was bei den Freiheitlichen ja keineswegs eine Selbstverständlichkeit ist. Anders als vielen ihrer Parteifreunde liegt ihr das Poltern nicht. Lieb und nett, das sagt sie auch selbst, ist sie dennoch nicht. Sie hat kein Problem damit, wenn sie wegen ihres harten Durchgreifens parteiintern als Königskobra bezeichnet wird. Die Juristin ist zielstrebig karrierebewusst, dabei aber immer absolut loyal zu ihrem Chef Jörg Haider, der sie 1988 zur Bundespressereferentin und 1996 zur geschäftsführenden Bundesparteiobfrau der FPÖ machte. Wolfgang Schüssel hingegen, den sie in der Regierung zu vertreten hat, wird aufpassen müssen. Noch vor einem Jahr bezeichnete sie ihn als "Totengräber der ÖVP", der "noch diffuser als sein glückloser Vorgänger Busek" agiere. Für Schüssels EU-Vorsitz hatte sie nur Spott über: Der Vizekanzler habe versucht, sein inhaltliches Vakuum durch wildes Herumgereise wettzumachen. Sie selbst, bisher auch Auslandsreferentin ihrer Partei, wird als Folge der internationalen Isolation Österreichs in absehbarer Zeit kaum in die Verlegenheit großer Staatsreisen kommen. Damit wird ihr wohl auch der Erklärungsnotstand erspart bleiben, wie sie es mit der Europapolitik halte. Immerhin war es Riess-Passer, die 1997 für das "Schilling-Volksbegehren" gegen die Einführung des Euro verantwortlich war. Eigentlich wollte sich die freiheitliche Vorzeigefrau schon aus der Politik zurückziehen. Seit mehr als acht Jahren pendelt sie zwischen ihrem Wohnort Innsbruck und Wien. 1998 nahm sie ein Mandat im Tiroler Landtag an und begründete dies mit ihrem Wunsch, Kinder zu haben. "Ich habe die Vorstellung, dass ich einmal einen Haushalt habe, wo ich immer im selben Bett aufwache." Rein biologisch habe sie nicht mehr allzu viel Zeit, erklärte sie, und: "Für die Politik gebe ich meinen Kinderwunsch nicht auf. Das heißt, dass die politische Karriere eine Zeit lang stark reduziert wäre." Davon kann jetzt keine Rede mehr sein. Ihr Mann Michael Passer, der als Innsbrucker Vizebürgermeister gescheitert und nach finanziellen Problemen von einem Ausschluss aus der FPÖ bedroht war, wird sich wohl noch länger mit der permanenten Abwesenheit seiner Frau, der Vizekanzlerin, abfinden müssen. Michael Völker