Wenig hilfreich ist aber auch, dass die Nationalstaaten weiterhin mehr Energie darauf aufwenden, ihre nationalen Privilegien zu sichern, statt der EU in diesem zentralen Bereich mehr Kompetenzen zu übertragen: Bei den Verhandlungen für das EU-Budget setzten die Mitgliedstaaten alles dran, ihren Beitrag zum Budget so gering wie möglich zu halten - Opfer dieser Strategie waren unter anderem Investitionen in Forschung und Entwicklung, die deutlich geringer ausfallen werden als von EU-Kommission und Europäischem Parlament angestrebt.
Diskurs
<b>Komment@r:</b> Bekenntnisse reichen nicht
Nirgends hat die Krise der EU deutlichere Auswirkungen als im Bereich der Wirtschafts- und Sozialpolitik
Nirgends zeigt sich die Krise der EU deutlicher als in der Wirtschafts- und
Sozialpolitik - und nirgends hat sie dramatischere Folgen. So positiv die in der
Lissabon-Strategie vorgeschlagenen Maßnahmen auch sind, sie sind nicht
bindend für die Mitgliedstaaten: Während in der Währungspolitik strenge
Verfahren vorgesehen sind, setzt die EU in der Wirtschafts- und
Beschäftigungspolitik nur auf "peer-pressure". Das mag zwar besser sein als
nichts, angesichts der dramatischen Situation auf dem Arbeitsmarkt aber ist es
deutlich zu wenig.
Schließich aber hat dies Folgen für die Legitimation der EU: Je unübersichtlicher
die Vorschläge sind, desto schwieriger sind sie zu vermitteln. Bleiben denn auch
noch die versprochenen Erfolge aus, so muss man sich nicht wundern, wenn sich
die Bevölkerung von der EU abwendet. All diese Entwicklungen sind nicht nur für
jene dramatisch, die persönlich von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Sie haben
zudem zur Folge, dass das Vertrauen der Bevölkerung sinkt, was wiederum Gift
ist für die Konjunktur. Letztlich aber können sie auch das politische Projekt
Europa gefährden, wie das Nein der Franzosen und Niederländer zur EU-
Verfassung deutlich belegt.