Bern - Die alpinen Reize der Schweiz locken längst nicht nur Touristen in die Hotels der berühmten Wintersportorte. Von St. Moritz bis Zermatt stehen freie Grundstücke bei Immobilienkäufern aus aller Welt hoch im Kurs. Doch vielen Eidgenossen ist es ein Dorn im Auge, dass auf den Hängen immer mehr Ferienwohnungen aus dem Boden wachsen. Da sorgt es für Wirbel, dass die Regierung nun auch noch ein spezielles Steuerungsinstrument abschaffen will - die rigiden Kaufbeschränkungen für Ausländer.

Der Vorstoß ist kurz und bündig: "Das Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland wird aufgehoben", lautet der einzige Artikel im Entwurf von Justizminister Christoph Blocher. Dass die seit mehr als 40 Jahren geltenden Restriktionen trotz einiger Lockerungen nicht mehr zeitgemäß sind, bestreitet schon wegen ihrer Stoßrichtung kaum jemand. In der globalisierten Welt könne sich das Land eine solche Sonderbehandlung anderer Staatsbürger nicht mehr leisten, argumentiert die Regierung nicht nur mit Blick auf Investoren: "Mit der Aufhebung fällt eine Diskriminierung von Ausländern weg, die sich auch positiv auf die schweizerische Außenpolitik auswirken wird."

Ökonomische Gesichtspunkte

In erster Linie geht es aber natürlich um handfeste ökonomische Fragen. Bisher können Ausländer mit Wohnsitz jenseits der Grenzen Ferienappartements nur nach einem komplizierten Bewilligungsverfahren kaufen - mit begrenzter Quadratmeterzahl, an ausgewiesenen Orten und überhaupt nur aus einem Kontingent von landesweit 1400 Wohnungen pro Jahr. Das macht Investitionen zahlungswilliger Käufer unmöglich, die sich eine Wohnung zulegen oder Immobilien auch nur als Geldanlage erwerben wollen, sagen die Experten der Regierung. Dabei könne die Schweizer Baubranche Impulse gut brauchen. Wie hoch die Chancen auf eine kräftige Belebung sind, ist umstritten.

Weiter steigen dürften jedenfalls die Preise. Im noblen St. Moritz gelten 10.000 Franken/m² (6400 Euro) für bessere Eigentumswohnungen schon jetzt als normal. Dass ein plötzlicher Ansturm ausländischer Häuslebauer über die Bergidylle kommt, will auch die Regierung verhindern und geht behutsam vor. Fallen sollen die gesetzlichen Schranken erst in drei Jahren, nachdem zuvor einige Vorschriften der Raumplanung zur besseren Regulierung neu gefasst worden sind - also wohl nicht vor 2010. Doch über diese Flankierung ist schon Streit entbrannt. Die Politik müsse den Mut zur Abschaffung von Gesetzen haben, ohne gleich neue Bestimmungen einzuführen, schimpft der Hauseigentümerverband. Umweltschützer mahnen dagegen Nachbesserungen an und beklagen schon jetzt "bedenkliche Auswüchse". Tatsächlich gibt es derzeit 181.000 Ferienwohnungen sowie 238.000 Zweitwohnungen in der Nähe von Ballungsräumen - das entspricht fast jeder neunten Wohnung in der Schweiz. (dpa, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.2.2006)