Wien – Der Servicegedanke wird offenbar auch im kriminellen Geschäft immer wichtiger. Eine Gruppe serbischer und bulgarischer Verdächtiger hat in dieser Hinsicht vorbildliche Arbeit geleistet: Sie lieferte ihren Kunden in Serbien und Österreich gestohlene Fahrzeuge mit ebenso gestohlenen Zulassungen, Plaketten und Versicherungskarten – in gestohlenen Kleintransportern. Nach neunmonatigen Ermittlungen der im März 2005 gegründeten Sonderkommission „Transport“ des Bundeskriminalamtes und der Polizei in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland wurde die Bande zerschlagen.

750 Blankozulassungen

Mindestens 200 Motorräder, Pkws und Kleintransporter soll die arbeitsteilig organisierte Gruppe von der Straße und aus Auto- und Motorradhäusern gestohlen haben, berichtete Herwig Haidinger, Direktor des Bundeskriminalamtes, am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Dazu kommen noch Einbrüche und Diebstähle in Geschäften und Speditionen, allein dabei erbeuteten sie Waren im Wert von 3,2 Millionen Euro.

Das Diebsgut wurde entweder in Österreich verkauft oder nach Serbien verschoben. Dabei half ein früherer Coup: Bei zwei Einbrüchen in Zulassungsstellen brachten die Verdächtigen 750 Blankozulassungen in ihren Besitz.

Mittels Laptop und Drucker konnten dann die Zulassungen auf das gestohlene Fahrzeug ausgestellt werden – bei Polizei- oder Grenzkontrollen konnte man ordnungsgemäße Papiere vorweisen.

Wöchentliche Fahrten

Bis zu dreimal pro Woche wurden Maschinen an die Besteller geliefert, der mutmaßliche Bandenkopf, ein 32-jähriger Serbe, war in Belgrad als erste Adresse für günstige Motorräder bekannt – 6000 bis 7000 Euro zahlte man bei einem Großauftrag pro Stück. Selbst als der Boss im Juli festgenommen wurde, lief das Geschäft weiter: Sein Bruder dirigierte die bis zu 100 Mann starke Truppe.

Vor allem der Motorraddiebstahl war im Vorjahr eine illegale Boombranche. Wurde im Jahr 2004 noch nach 715 verschwundenen Maschinen gefahndet, waren es 2005 schon 1239 Stück. BK-Chef Haidinger ist zuversichtlich, die Entwicklung zumindest eingedämmt zu haben. Sein Beleg ist der Monatsvergleich für den Jänner: Im ersten Monat des Jahres 2005 suchte die Polizei 415 Kraftfahrzeuge, im Jänner 2006 waren es nur mehr 202. (Michael Möseneder, DER STANDARD Printausgabe, 01.03.2006)