Netzpolitik
Slashdot beißt zurück
An Microsofts etwas eigenwilligem Verständnis von "Open Source" entzündet sich ein Streit zwischen dem Softwarehaus und dem Sprachrohr der Open-Source-Community.
An Microsofts etwas eigenwilligem Verständnis von "Open Source" entzündet sich ein Streit
zwischen dem Softwarehaus und Slashdot.org
- dem Sprachrohr der Open-Source-Gemeinde, in dem das Recht auf freie Rede mit
dem Schutz des geistigen Eigentums kollidiert. Dabei geht es um die
Kerberos
-Implementierung in
Windows 2000.
Microsoft
verwendet in Windows 2000 den offenen Standard Kerberos zur Kontrolle des Zugriffs
auf Netzressourcen; jedoch haben die Redmonder den Standard so erweitert, dass ihre
Implementierung nicht vollständig mit der Kerberos-Software anderer Software-Hersteller
kompatibel ist. Microsoft ist mehrfach vorgeworfen worden, mit derartigen Methoden offene
Standards zu unterlaufen und so Konkurrenten, aber auch Open-Source-Programmierer
auszuschalten, die sich an die Standards halten. Der Umgang mit Kerberos wurde auch in einem
Gutachten vom 28. April angeführt, mit der die Regierung Ende April ihre Forderung nach einer
Zerschlagung des Konzerns untermauert hatte.
Am 27. April stellte Microsoft den Quellcode seiner Kerberos-Implementierung überraschend ins
Internet - jedoch zusammen mit einer Lizenzvereinbarung, die dazu verpflichtet, "die Spezifikation
niemand anderem gegenüber offenzulegen" und sie "vertraulich zu behandeln". Anfang Mai hatte
der Online-Dienst Slashdot, ein Sprachrohr der Open-Source-Szene, über den Vorgang berichtet.
Einige Teilnehmer der Diskussion, die sich anschließend auf Slashdot entspann, posteten
Microsofts Quelltexte oder Links, die auf Websites verweisen, auf denen diese zum Download
bereitgestellt werden. Das veranlasste Microsoft, Slashdot eine förmliche Abmahnung zuzustellen
Durch diesen Schachzug handelte sich der Softwaregigant den Zorn der Open-Source-Community ein. Man sprach von "Zensur" und kündigte an, aller zu unternehmen, um derartiges zu verhindern.
Ein von den Slashdot-Betreibern beauftragter Anwalt hat zunächst als Antwort auf die Forderung einen Brief an Microsoft verfaßt. In
diesem stellt der Anwalt 8 Fragen an Microsoft, die die Lage klären helfen sollen. Die Fragen klingen, was wahrscheinlich
beabsichtigt ist, zum Teil recht sarkastisch. Vielleicht ist es aber auch der Gegenstand des Streits, der diesen Ton nahelegt.
Einige der Fragen: Wie kann es sein, daß Microsoft proprietären Schutz für die Verbesserung eines offenen Standards verlangt?
Wie kommt es, daß Microsoft den Namen Kerberos in Zusammenhang mit einem proprietären Protokoll verwendet? Warum sollen
mögliche Kunden von Windows 2000 nicht vor dem Kauf erfahren, daß das Microsoft-Kerberos-Protokoll inkompatibel mit dem
Standard ist? (heise/pro-linux)