Josef Hickersberger ist also unterwegs zu einem fernen Ziel, das im Juni 2008 in Österreich und der Schweiz liegt und doch ganz woanders. An einem Ort, den nur Menschen besuchen dürfen, die den Mut zu Träumen und das Vertrauen aufbringen, ihre Träume auch ernst und zum Anlass zu nehmen, die Welt zu ändern.

Es geht um die richtige Aufstellung des Nationalteams. Hickersbergers Vorgänger Hans Krankl wollte das Team radikal verjüngen. Er scheiterte, Krankl hatte keinen Traum, er hatte Illusionen. Der Abstand der heimischen Liga zum europäischen Mittelstand war schon zu Krankls Zeiten viel größer als noch Mitte der 90er, als Herbert Prohaska das Team zur WM 1998 brachte. Jedes Jahr wächst die Kluft. Manchester United lukriert jährlich rund 40 Millionen Euro TV-Lizenzgebühren, so viel wie die ganze Bundesliga in drei Jahren.

Das von ÖFB-Präsident Friedrich Stickler oktroyierte Ziel des Euro-Viertelfinales ist ähnlich illusionär wie die Hoffnung, Regierung und Management könnten den ÖBB-Fahrplan nicht weiter ruinieren. Hickersberger muss sehr kreativ träumen, um Stickler nicht zu enttäuschen. Das Personal ist nur ein Teil der Teamaufstellung, sie beinhaltet überdies die Fähigkeit, alte Probleme neu zu definieren, überraschende Lösungen zu entwerfen und zu realisieren und die erzieherische Gabe, in anderen die nötige Geduld zu wecken.

Fest hackeln, alle Kicker kennen und alle Wissenschaften auf Hilfe abklopfen ist logo. Kreativität aber braucht auch den Schlaf der Vernunft, um die Geister hervorzulocken. Sie sind gefährlich, aber wer ihre Kraft zu nutzen weiß, hat Verbündete. Und Hickersberger ist nicht in der Position, Hilfe abzulehnen. (DER STANDARD, Printausgabe, Freitag, 3. März 2006, Johann Skocek)