Paris - Frankreichs Premierminister Dominique de Villepin (UMP) befindet sich auf dem Weg zu einem Negativrekord. Der seit vergangenem Juni amtierende Gaullist könnte sich als einer der französischen Regierungschefs mit dem raschesten Absturz auf der Beliebtheitsskala etablieren. In der jüngsten Sofres-Umfrage büßte der Premier mit nur noch 36 Prozent Zustimmung sieben Punkte gegenüber dem Vormonat ein. Damit befindet sich Villepin, der sich noch im vergangenen September einer Beliebtheit von mehr als 50 Prozent erfreute, beinahe auf dem Niveau seines Amtsvorgängers Jean-Pierre Raffarin (UMP), der vor seiner Ablösung im Frühjahr 2005 nur noch von 31 Prozent seiner Landsleute befürwortet wurde.

Den Auftakt zu der für Villepin negativen Entwicklung bildete seine Arbeitsrechtsreform mit dem heftig umstrittenen Werkvertrag CPE ("Contrat Premiere Embauche"), der für junge Menschen unter 26 Jahren eine zweijährige Probezeit ohne Kündigungsschutz einführt. Ohne die Sozialpartner anzuhören, peitschte er den Text in der Nationalversammlung im Eilverfahren durch. Selbst als zehntausende Franzosen gegen das Gesetz auf die Straße gingen, blieb der Premier unbeugsam. Dabei denken laut einer CSA-Umfrage 63 Prozent der Franzosen, dass der CPE das Problem der Jugendarbeitslosigkeit in Frankreich nicht lösen wird.

"Aktivismus"

Die linksgerichtete Pariser Tageszeitung "Liberation" wirft Villepin vor, sich auf einen "Aktivismus" zu beschränken, statt eine politische "Aktion" umzusetzen. Der Premier stehe stets im "Rampenlicht der Medien", wolle für alle Regierungsinitiativen die Patenschaft übernehmen und dränge seine Minister in den Schatten oder überlasse ihnen höchsten eine "Statistenrolle", kritisiert das Blatt. Unter dem Deckmantel der Anonymität wird Villepin von Regierungsmitgliedern als "kleiner Marquis" bezeichnet, der bloß im Stande sei, "Befehle zu erteilen". Auch "Le Monde" vertritt die Ansicht, dass ihn seine Arbeitsmethode zu einer immer größeren Isolierung in der Regierung und zu einer Überbelichtung in den Medien führe.

In der Tat treten unter Villepins Vorgänger Raffarin (2002-05) sehr aktive Regierungsmitglieder wie etwa Regierungssprecher Jean-Francois Cope und Arbeitsminister Jean-Louis Borloo nun kaum noch in den Medien auf. Auch in Gesundheitsfragen wie bei der Vogelgrippe oder der Chikungunya-Epidemie auf der Insel Reunion im Indischen Ozean tritt der Premier persönlich in vorderster Front auf und verdrängt Sanitätsminister Xavier Bertrand aus dem Rampenlicht.

Der Umstand, dass sie auch immer wieder vom Premier desavouiert werden, lässt nach Angaben von "Le Monde" die Unzufriedenheit in der Ministerriege steigen. Das sei etwa der Fall von Verteidigungsministerin Michele Alliot-Marie, die in der Streitfrage um die in Indien geplante Entsorgung des von Asbest verseuchten Kriegsschiffes "Clemenceau" scheiterte und das Dossier abtreten musste, um den Indien-Besuch von Staatspräsident Jacques Chirac "retten" zu können.

Selbst Villepins die Anhängerschaft seines Konkurrenten im Rennen um den Elysee-Palast, des Innenministers und Chefs der Regierungspartei "Union für eine Volksbewegung" (UMP), Nicolas Sarkozy, ist über den rapiden Beliebtheitsverlust des Premiers nicht erfreut. Er kommt nämlich zu früh in Bezug auf die Präsidentenwahlen vom Frühjahr 2007 und wirft auch auf Sarkozy ein negatives Licht, zumal er in den Augen der Öffentlichkeit die so unbeliebte Regierungspolitik aktiv mitträgt. Dies beweist auch die jüngste Sofres-Umfrage, in der Sarkozy acht Prozentpunkte verliert und auf 44 Prozent positive Meinungen sinkt. Dagegen profitierte die Sozialistin Segolene Royal, die ebenfalls Ambitionen auf das Präsidentenamt hegt, von dem Stimmungswandel. Sie legte drei Punkte zu und erreichte eine Beliebtheit von 52 Prozent. (APA)