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Gottfried Helnwein in seiner Ausstellung "Face it"

FOTO: APA/ RUBRA
Nach 20 Jahren hat sich Gottfried Helnwein jetzt erstmals wieder zu einer umfassenden Werkschau in seiner Heimat entschlossen. Schock-Kunst und Donald Duck im Linzer Kunstmuseum Lentos.


Linz – Zarte Kinderköpfe, bandagiert und grausam entstellt durch steril glänzende Wundhacken, fratzenartige Narbengesichter die freundlich lächeln, eine Madonna mit nacktem Kinde im Kreis von SS-Offizieren und dazwischen das Konterfei vom ganz böse blickenden Marilyn Manson mit Mickey-Mouse-Mütze – Gottfried Helnwein schockiert, polarisiert, fasziniert.

Nach zwanzig Jahren und vor allem erstmals, seitdem er 1985 Österreich in Richtung Los Angeles den Rücken kehrte, präsentiert sich der einstige "Schocker von Wien" mit einer umfassenden musealen Werkschau – im Linzer Kunstmuseum Lentos.

Die Ausstellung Face It versammelt 40 großformatige Arbeiten aus allen Schaffens 2. Spalte perioden seit den frühen 70er- Jahren. Beginnend eben mit jenen Werken, für die Name Helnwein bis heute steht: Bekannte, hyperrealistische Darstellungen verletzter und verunstalteter Menschen – oft Kinder – bis hin zu digitalfotografischen Zyklen der letzten zwei Jahren wie Sleep oder Marilyn Manson. Die Gesichter des Hellwein-tauglichen Schocker-Kollegen aus der Musikbranche sind im Übrigen erstmals in Österreich zu sehen.

Reiche Lentos-Beute Unverzichtbar natürlich auch die Gesichter aus der Populärkultur, vornehmlich aus der Welt des Carl Barks. Die Beziehung Helnweins zu Entenhausen war und ist stets eine innige: "Von Donald Duck habe ich mehr gelernt als von allen Schulen, in denen ich war", pflegt der Meister der Schockkunst gern zu sagen. In Face It ist Donald aber bereits tot – zumindest auf jenem bekannten Bild, auf dem sich gerade zwei Polizei- kommissare um den auf dem Boden liegenden Comichelden kümmern.

Für Lentos-Chefin Stella Rollig ist die Helnwein-Ausstellung ein "Coup mit reicher Beute". Die Kunst von Helnwein habe man "in dieser Fül 3. Spalte le und Reichhaltigkeit in seinem Heimatland seit 20 Jahren nicht gesehen", freut sich die Lentos-Chefin. Die Auswahl der gezeigten Werke decke alle Schaffensperioden des Künstlers, der im "kollektiven Gedächtnis von Österreich gespeichert ist".

Auch der Meister selbst zeigt sich zufrieden und ist voll des Lobes für die Architektur des neuen Kunsthauses an der Donau. Es sei ihm möglich, seine Werke "endlich im richtigen Licht zu sehen, denn dieses ist das Beste, das ich je gesehen habe".

Er hätte seine Bilder, so Helnwein, auch in Wien ausstellen können, habe sich aber "ganz bewusst" für Linz entschieden. Und man muss Helnwein Recht geben: Der große Ausstellungsraum mit seiner vollständig tageslichtdurchlässigen Decke lässt die großformatigen Bilder tatsächlich in "neuem Glanz" erscheinen. Abgesehen vom Licht tut sich bei Face It aber ein grobes Platzproblem auf. Helnwein- Werke wirken – auch einzeln. Wenn dann aber 40 Großformate in nur einem Raum platziert sind, weicht beim Betrachter die Kunstliebe schnell einer gewissen Beklemmung.

Strahlen dürfte aber Stella Rollig dennoch, ist doch Helnwein quasi der rettende Strohhalm für die viel kritisierte Lentos-Chefin. Dürftige Besucherzahlen ließen 2005 die Gesichter von Stadtpolitikern einfrieren, jetzt soll Face It selbige wieder auftauen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.3.2006)