Berlin - Das Verhältnis zur Linkspartei spaltet in Deutschland die Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit tief. Trotz massiver Kritik der Parteispitze beharrt der Berliner WASG-Landesverband darauf, bei der Landtagswahl in Konkurrenz zur Linken anzutreten. "Wir lassen uns vom Bundesvorstand nicht einschüchtern", sagte ein Sprecher am Donnerstag der Nachrichtenagentur AP. Bundeschef Klaus Ernst kündigte an, bei einem Alleingang den Geldhahn zuzudrehen.

"Selbstverständlich" werde man den Landesverband ausbremsen, sagte Ernst nach einer Urabstimmung der Berliner, die mit knapper und umstrittener Mehrheit dafür votierten, bei der Abgeordnetenhauswahl im September gegen die Linkspartei zu kandidieren. "Wir werden keine Mark für deren Wahlkampf ausgeben", kündigte er an. Zudem habe der Vorstand "eine ganze Reihe von Möglichkeiten".

"Satzungen interessieren mich nicht"

Eine Urabstimmung hatte am Mittwoch ein umstrittenes Votum dafür ergeben, bei der Abgeordnetenhauswahl im September allein abzutreten. Der Bundesvorstand legt das Ergebnis allerdings anders aus. Politisch sei klar, dass die Befürworter eines Alleingangs keine Mehrheit erhalten hätten, sagte Ernst: "Satzungen interessieren mich in diesem Fall nicht."

Landesvorstandsmitglied Rouzbeh Taheri wertete dies als "Selbstüberschätzung" und warf Ernst vor, "in einem Paralleluniversum" zu leben. Selbstverständlich werde man separat zur Wahl antreten, bekräftigte ein Sprecher des Landesvorstands. Falls es zu keiner Klärung komme, müssten zunächst die parteiinternen Schiedsgerichte und möglicherweise auch ordentliche Gerichte eingeschaltet werden.

Der WASG-Bundespolitiker Ulrich Maurer sagte, im Berliner Landesvorstand säßen "sektiererische und verbohrte Leute". Sie versuchten, "ihre Kiste durchzuziehen, obwohl sie keine Mehrheit haben", sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag. "Das ist nicht nur politisch verrückt, sondern auch undemokratisch."

Maurers Kollegin, die stellvertretende Linkspartei-Vorsitzende Dagmar Enkelmann, mahnte, falls die Berliner WASG nicht einlenke, müsse der Bundesvorstand für Klarheit sorgen. Sie verwies auf das von beiden Parteien verabschiedete Kooperationsabkommen, das konkurrierende Kandidaturen bis zu dem für Sommer 2007 geplanten Zusammenschluss ausschließt.

Der Alleingang gab Spekulationen über den Status der gemeinsamen Bundestagsfraktion neue Nahrung. Die FDP forderte, den Streit zum Thema im Bundestag zu machen. Die Abstimmung bleibe nicht ohne Auswirkung auf die Homogenität der Linksfraktion, sagte der parlamentarische Geschäftsführer Jörg van Essen. Der SPD-Politiker Jörg Tauss sah schon "den Anfang vom Ende der Linkspartei" gekommen. Wenn die WASG in Berlin gegen die Linkspartei antrete, seien nach seiner Auffassung die juristischen Voraussetzungen für die Linksfraktion im Bundestag entfallen.

Dagegen bedeutet der "Separatismus" der Berliner WASG nach Ansicht des Linkspartei-Fusionsbeauftragten Bodo Ramelow keine Gefahr für die Bundestagsfraktion. Deren Status sei "überhaupt nicht" gefährdet. Nach der Geschäftsordnung könne lediglich die Konkurrenz bei einer Bundestagswahl der Bildung einer gemeinsamen Fraktion im Wege stehen, erklärte er. Gleichzeitig betonte Ramelow, er glaube an den Prozess der Vereinigung beider Parteien. Die Fusionsgegner in Berlin, aber auch in Mecklenburg-Vorpommern machen der Linkspartei ihre Beteiligung an den rot-roten Landesregierungen zum Vorwurf. (APA/AP)