Bahrain - "Alles, was man den Leuten erklären muss, ist schlecht!" Auch Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko war sich vor der ersten Bewährungsprobe des neuen Qualifikationsmodus' in der Formel 1 bewusst, dass die dreigeteilte K.o.-Ausscheidung für viele nur schwer zu durchschauen sein wird. Denn das im Prinzip einfache System, das am Samstag beim Auftakt-Grand-Prix in Bahrain erstmals zur Ermittlung der Startaufstellung angewendet wird, bietet den Teams eine Fülle an taktischen Möglichkeiten.

Ein Jahr nach dem eher langweiligen Einzelzeitfahren kommt erstmals in der Formel-1-Geschichte ein dreigeteiltes Ausscheidungssystem zum Einsatz. Alle Teams dürfen zunächst gleichzeitig auf die Strecke, nach den ersten 15 Minuten scheiden aber die langsamsten sechs Fahrer aus und nehmen in der Startaufstellung die Plätze 17 bis 22 ein. Nach fünf Minuten Pause wird wieder 15 Minuten gefahren, die hier sechs langsamsten Autos stehen auf den Startplätzen elf bis 16. Die verbliebenen zehn Piloten kämpfen dann in einer 20-minütigen "Superpole" um die Plätze eins bis zehn.

So weit, so logisch. Der Haken ist, dass es unterschiedliche Tankvorgaben gibt. In den ersten beiden Sessionen kann die Benzinmenge frei gewält werden, die Ausgeschiedenen dürfen dann nach Belieben nachtanken. Die schnellsten zehn hingegen müssen mit jener Benzinmenge ins finale Qualifying gehen, mit der sie am Sonntag im Rennen starten. Nachgetankt werden darf nur noch, was in den letzten 20 Minuten an Benzin verbraucht wurde.

Wird man in den ersten beiden Durchgängen also zwecks Motor- (auch die neuen und unausgereiften V8 müssen zwei WM-Läufe halten) und Reifenschonung am Samstag sehr wenige und späte Runden erleben, müssen die Top 10 im Super-Finale möglichst viel fahren, um am Ende mit einem leichten Auto eine schnelle Zeit herausholen zu können. Um Tank-Tricks zu verhindern, können nur Runden nachgetankt werden, die innerhalb der 107-Prozent-Regel gefahren wurden.

Das bewirkt z.B., dass ein elfter Startplatz günstiger sein kann als ein achter oder neunter, sind sich Experten einig. Marko sprach wegen der frei wählbaren Spritmenge sogar von einem "Riesenvorteil" des elften Startplatzes. Dass der Pole-Mann unter Umständen eine langsamere Zeit hat als der Elfte, wäre ebenfalls gewöhnungsbedürftig. "Alles ist schon wieder so kompliziert, dass es von den Zuschauern kaum einer versteht", lautete deshalb der Kommentar von Toro-Rosso-Miteigentümer Gerhard Berger.

Da 2006 aber auch wieder im Rennen Reifen gewechselt werden dürfen, ergibt sich bei der Taktik für das Rennen eine Fülle von Überlegungen. Marko etwa ist überzeugt, dass es künftig wieder mehr Boxenstopps geben wird. "Weil gut sein kann, dass der Vorteil der Reifen größer ist als der Gewichtsnachteil der vollen Tanks", erklärt der Grazer. Im Rennen könne das durchaus mehr Action ergeben, vor allem an den Boxen. "Bleibt nur zu hoffen, dass die Überholmanöver nicht nur in der Box stattfinden", so Marko.

Die Taktik habe also noch höheren Stellenwert und schon bisher war für die Zuschauer oft schwer nachvollziehbar, was genau auf der Strecke und in den Boxen abgeht. 2006 wird es zudem so sein, dass der Faktor Fahrer noch mehr zum Zug kommt, weil nur die perfekte Umsetzung der ausgegebenen GP-Taktik Sinn macht. "Ein Michael Schumacher, ein Fernando Alonso, ein Kimi Räikkönen, die können das", präzisiert Marko.

Als Berater für beide Red Bull-Teams wagte Marko folgende Prognose für Samstag. "Zumindest ein Red-Bull-Auto sollte in die Top-Ten kommen, ein Toro Rosso um Platz 14 schaffen", glaubt der Steirer. (APA)