Die polnische Studentin Marta sammelt Auslandserfahrung im Rahmen des Europäuschen Freiwilligendienstes.

In der Kindergruppe Regenbogen ist der Lärm für einen Außenstehenden ohrenbetäubend. 13 Dreijährige versuchen sich in den Mittelpunkt zu quasseln und die anderen zu übertönen. Ab und an muss schon mal mit herumfliegenden Bausteinen nachgeholfen werden, wenn man als Kleinkind die Oberhand behalten möchte. Da kann man keine Rücksicht darauf nehmen, dass andere Kinder getroffen werden.

Anfangsschwierigkeiten

Marta hat für den ganzen Trubel nur ein Lächeln übrig: "Das ist gar nichts. Wir empfinden das als ruhigen Moment. Wenn die Kleinen erst loslegen, klingt das anders." Die junge Polin spricht mittlerweile hervorragend deutsch. Nur selten muss sie ihre zweite Fremdsprache, Englisch zu Hilfe nehmen. Das war nicht immer so. "Zu Beginn war ich vollkommen verzweifelt. Ich hab die Kinder nicht verstanden, die Kinder mich nicht. Das war wirklich ein harter Anfang."

Europäisches Freiwilligenjahr

Marta absolviert in Wien den Europäisches Freiwilligendienst (EFD). Ihr Einsatzgebiet: die Kindergruppe Regenbogen. Etwa 100 Jugendliche taten es ihr gleich und kamen nach Wien, 115 österreichische Freiwillige zogen 2005 aus, um mit dem EFD Auslandserfahrung zu sammeln. In Flüchtlingsorganisationen, bei Jugend- und Kindergruppen.

Mit Kindern hat Marta eigentlich gar nicht viel am Hut. In ihrem Heimatland ist sie Studentin der Tourismuswirtschaft. "Mein absoluter Traum wäre ein kleines Gasthaus in meiner Heimatstadt." Vorerst muss sie sich aber bis Ende Juni mit Dreijährigen beschäftigen. "Ich fühle mich mittlerweile hier extrem wohl," erzählt Marta. "Meine Kolleginnen und ich sind ein wirklich harmonisches Team, wir haben die gleichen Vorstellungen davon, wie man mit Kindern umgeht und wirklich viel Spaß."

"Sie passt ideal zu uns"

Chefin Sole, die als Chilenin weiß, wie schwierig der Anfang in einem neuen Land sein kann, will Marta gar nicht mehr weg lassen: "Jede und jeder, der nach Marta kommt, wird es schwer haben. Sie passt ideal zu uns." Soviel Lob macht Marta verlegen, zur Ablenkung schneidet sie Jausenbrote für die quirlige Gesellschaft.

Aber nicht nur die Kolleginnen sind mittlerweile Freundinnen, auch die anderen "Freiwilligen" sind zu einem eingeschworenen Trüppchen zusammengewachsen. Aus Italien, den Niederlanden, Deutschland, Tschechien oder Lettland kommen sie, die Verständigung erfolgt im Sprachen-Misch-Masch und sie funktioniert gut. "Wir erkunden gern mal das Wiener Nachtleben," lacht Marta und vergisst auch nicht, das kulturelle Angebot von Wien zu loben. "Theater ist Pflichtprogramm."

Pluspunkt im Lebenslauf

"Figaro" hat sie unlängst aber mit ihrem Freund gesehen. "Er ist auch Freiwilliger, aber in Dänemark." Zu Hause bewundert man im Freundeskreis zwar, was Marta und ihr Freund machen, gleich tun will es ihnen aber niemand: "Ich glaube, sie fürchten sich, von zu Hause wegzugehen." Bei fast 40 Prozent Jugendarbeitslosigkeit eine Tatsache, die Marta nicht ganz versteht: "Dieses Auslandsjahr ist ein großer Pluspunkt in meinem Lebenslauf."

Vor allem, dass sie neben Englisch nun auch Deutsch kann, wird der zukünftigen akademischen Tourismusfachfrau nutzen. "Und die internationale Erfahrung, das Wissen, dass ich mich alleine behaupten und mich auf mich verlassen kann." Wie auch die Kinder der Gruppe Regenbogen. Keine tröstet so gut und keine schneidet die Jausenbrote wie Marta. (mhe)