Von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, vertritt die FPÖ seit einigen Jahren einen Umbruch des Pensionssystems in Richtung eines so genannten Drei-Säulen-Modells. Bemerkenswert erscheint, dass ein derartiger Plan, der auch in das Programm der neuen Regierung Eingang gefunden hat, in der Pensionsdebatte bisher noch keinerlei Rolle spielt.

Wohin geht die Reise? Geht es dabei tatsächlich in Richtung der in einigen anderen westeuropäischen Ländern etablierten Drei-Säulen-Modelle, wie es die Berufung auf das schweizerische Modell in den "Leitlinien freiheitlicher Sozialpolitik" suggeriert? Das von FPÖ und FPÖVP-Regierung propagierte Modell unterscheidet sich davon fundamental: Denn es sieht vor, dass das bislang bestehende staatlich geregelte Pensionssystem auf eine gesetzliche Mindestabsicherung reduziert wird. Finanziert im Umlageverfahren und durch einen gleichbleibenden Pensionsbeitrag von 22,8 %.

Umgekehrter Fall einer Osterweiterung?

Im Unterschied dazu beinhaltet die erste Säule in Ländern wie der Schweiz, den Niederlanden oder Dänemark eine Altersversorgung für die ganze Bevölkerung. Insofern stellt sich die Frage, ob das von der FPÖ bzw. der neuen FPÖVP-Regierung propagierte Drei-Säulen-Modell nicht viel mehr einem anderen Muster von Pensionsreform folgt, das in den späten 90er-Jahren unter massiver Einflussnahme der Weltbank vor allem in den östlichen Nachbarstaaten Österreichs realisiert wurde.

Handelt es sich dabei gar um den umgekehrten Fall einer Osterweiterung? Denn in Ländern wie beispielsweise Ungarn und Polen besteht die reformierte erste Säule, ähnlich den von der FPÖVP-Regierung ventilierten Vorschlägen, aus einem stark reduzierten staatlichen System, das ausschließlich auf Erwerbstätige abstellt und umlagefinanziert ist. Geringere Unterschiede bestehen im Hinblick auf die Organisation der zweiten, kapitalgedeckten Säule: Abweichend von den Plänen der FPÖVP-Regierung bestehen diese nicht in der betrieblichen Vorsorge, sondern in persönlichen Versicherungskonten bei privaten Pensionsfonds.

Die dritte Säule beinhaltet hier wie dort Möglichkeiten der freiwilligen Altersvorsorge. Die Chancen für die Umsetzung eines derartigen Modells der Alterssicherung sind angesichts der derzeitigen politischen Kräftekonstellation in Österreich durchaus günstig, die aus einem solchen Modell resultierenden Fragen und Probleme allerdings beträchtlich. Dies bestätigen nicht nur die bisherigen Erfahrungen in den mittel- und osteuropäischen Ländern, sondern gibt jüngst selbst die Weltbank zu.

Was könnte ein solcher Umbruch für Österreich bedeuten? Soweit aus Darstellungen des FPÖ-Pensionsplans erkennbar, sind alle Versicherten eindeutig die Verlierer: sie werden bei gleich hohen Beiträgen im Rahmen der vorgesehenen gesetzlichen Mindestabsicherung (1. Säule) eine deutlich niedrigere Pension erhalten (50% des Nettolohns). Ein annähernd gleiches Niveau wie heute soll erst auf dem Weg der Ergänzung durch die betriebliche Vorsorge (2. Säule) erreicht werden - für die es allerdings wieder zusätzlicher Beiträge (zum Beispiel in Form der Abfertigungen) bedarf. Der Gewinner wird vor allem das staatliche Budget sein: Die Beibehaltung des bisherigen Beitragssatzes bei gleichzeitig niedrigeren Leistungen wird den Zuschussbedarf seitens des staatlichen Budgets reduzieren.

Sozialer Ausgleich für atypisch Beschäftigte?

Es gibt zurzeit allerdings mehr offene Fragen als Antworten. So zum Beispiel, ob es ähnlich wie in den mittel- und osteuropäischen Ländern, eine Mindestversicherungszeit geben wird - mit der Konsequenz, dass jene, die diskontinuierlich, kurzfristig, nicht-vollzeitig, zum Teil geringfügig oder scheinselbstständig beschäftigt sein werden, aus der Mindestsicherung ausgeklinkt werden?

Oder anders gesagt: ein neues Pensionssystem ohne sozialen Ausgleich und ohne Perspektiven für atypisch Beschäftigte, die es in Zukunft immer mehr geben wird? Wird die betriebliche Vorsorge nur aus Beiträgen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen finanziert oder auch durch eigene Unternehmerbeiträge? Wird durch ein derartiges Pensionssystem die ökonomische Ungleichheit, insbesondere jene von Frauen, noch verstärkt in die Alterssicherung hinein verlängert? Wann und wie wird das System umgestellt? Wird die "Einführungsgeneration" ungleich mehr belastet?

Der Bundeskanzler hat unlängst lapidar angekündigt, dass das Drei-Säulen-Modell kommt. Die Regierung wird angesichts der Brisanz der Alterssicherung nicht umhin kommen, dieses Vorhaben näher zu konkretisieren. Darauf und auf die damit zusammenhängenden Auseinandersetzungen kann man/ frau wohl gespannt sein.

Ursula Filipic ist Politologin in Wien; Emmerich Tálos ist Universitätsprofessor für Politikwissenschaft in Wien.