Nach ihrer Abschiebung war das Schicksal der in Österreich verheirateten Chinesin Zou Youeying ungewiss. Der Standard fand die verzweifelte Frau bei ihrer Schwester in Ostchina. Der Fall sorgt für politische Aufregung.

 

 

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Schanghai/Wien - Zou Youeying weiß immer noch nicht, was ihr eigentlich passiert ist. Tief in Ostchina, in der Provinz Zhejiang im Städtchen Haikou, ist die mit einem Österreicher verheiratete Chinesin nach ihrer Abschiebung bei der Familie ihrer Schwester untergekommen.

"Es ist wie ein Albtraum. Ich habe solche Kopfschmerzen", schluchzt sie am Telefon. "Ich will wieder nach Wien zurück, aber ich weiß doch gar nicht, was ich tun muss. Ich bin nicht so gebildet." Wenn ihr Mann, Adolf Brichta (41), nur erst einmal in Schanghai ist, will sie mit ihm beim österreichischen Konsulat vorsprechen und ihre Papiere einreichen.

"Was habe ich denn getan"

Zou Youeying hat ihren chinesischen Pass bei sich. In China kann sie sich frei bewegen. Und doch traut sie sich nicht aus dem Haus ihrer Schwester. Die 37-jährige Frau hat Angst, dass die Nachbarn tuscheln könnten. "Wenn die erfahren, dass ich abgeschoben wurde, müssen die dann nicht glauben, ich sei in Österreich zur schlimmen Verbrecherin geworden? Was habe ich denn getan, dass man mich so behandelt?"

Wie DER STANDARD berichtete, ist die 37-Jährige ein Opfer des neuen Fremdengesetzes, für das Innenministerin Liese Prokop (VP) verantwortlich ist. Die Chinesin war vor fünf Jahren ohne gültige Papiere eingereist, hat nach ihrer Heirat im Vorjahr aber völlig legal einen Niederlassungsantrag gestellt. Dessen Erledigung zog sich allerdings in die Länge - bis Anfang 2006 das neue Niederlassungsgesetz in Kraft trat, das plötzlich nur mehr Anträge im Ausland zulässt. Deshalb wurde Zou Youeying nach einmonatiger Schubhaft per Flugzeug abgeschoben.

Die 100 Euro, die ihr ihr Mann bei einem Haftbesuch mitgebracht hatte, reichten gerade aus für eine Eisenbahnkarte nach Wenzhou. "Mein Vater ist vor zwei Monaten gestorben, meine Mutter schon vor 20 Jahren. Ich habe nur mehr die Familie meiner Schwester." Wie berichtet, hat das Außenamt in Wien Hilfe zugesagt. Doch beim österreichischen Konsulat in Schanghai hat man bisher "nur aus der Presse" von dem Fall erfahren. "Wenn Frau Zou einen Antrag stellt, werden wir ihn prüfen", betont der Konsul auf STANDARD-Anfrage.

"Grausamkeit"

Der Fall sorgte am Donnerstag in Österreich für zahlreichen Reaktionen - vor allem der Umstand, dass die Fremdenpolizei dem Ehepaar auch noch 6079 Euro für die Abschiebung in Rechnung stellt. SOS-Mitmensch sprach von einer "unfassbaren Grausamkeit der Behörden". Grünen-Menschenrechtssprecherin Terezija Stoisits kündigte eine parlamentarische Anfrage an Innenministerin Prokop an. Die strafrechtlich unbescholtene Chinesin sei "wie eine Schwerverbrecherin" abgeschoben worden, nun werde sie in China einen weiteren Aufenthaltsantrag stellen, so Stoisits. Es bestehe der Verdacht, dass hier "Kosten für nichts und wieder nichts verursacht worden sind".

Die freiheitliche Abgeordnete Helene Partik-Pablé hingegen zeigte sich, wie so oft in Fremdenrechtsfällen, gnadenlos: "Die Abschiebung war gesetzeskonform." (DER STANDARD, Printausgabe, 24.3.2006)