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Die Akupunktur ist in Österreich noch keine Routinebehandlung. Auch bei der Geburt können die Nadeln helfen.

Foto: apa/dpa/lnw /Bernd Thissen
Was aber kann die Akupunktur tatsächlich, außer einer Frau das Gefühl zu geben im Vorfeld zumindest keinen Versuch ausgelassen zu haben die Angst vor dem großen Unbekannten etwas zu reduzieren? Im alten China wurde weder in der Geburtsvorbereitung, noch während der Geburt akupunktiert. Akupunktur wurde zu dieser Zeit nicht in präventiver Absicht angewendet, sondern ausschließlich beim Auftreten von körperlichen Störungen therapeutisch eingesetzt. Im heutigen China weiß man die Wirkung der Akupunktur als Teilgebiet der TCM im gesamten Schwangerschaftsverlauf zu schätzen.

Zwei Akupunkturprogramme

Hierzulande unterscheidet man hinsichtlich der Wirkungsweise zwischen zwei geburtsvorbereitenden Akupunkturprogrammen. Eines davon hat ausschließlich psychisch ausgleichende, entspannende und auch schmerzlindernde, in jedem Fall jedoch eine schwer objektivierbare Wirkung.

Das andere Programm wird als morphologisches Akupunkturschema bezeichnet. Dieses in China als geburtsvorbereitend geltende Schema wird auch in Österreich mittlerweile überwiegend angewendet. Es führt zu einer besseren Cervixreifung und in der Folge zu einer Verkürzung der Eröffnungsphase. Idealerweise werden heute beide Akupunkturschemata miteinander kombiniert und so ein für die schwangere Frau optimaler Effekt der geburtsvorbereitenden Akupunktur erzielt. Verkürzte Geburtsdauer, auf einem möglichst niedrigen Schmerzniveau.

Studie zeigt Auswirkung auf die Geburtsdauer

Auf die Dauer der Austreibungsphase hat die geburtsvorbereitende Akupunktur keinen Einfluss. Das heißt, dass vor allem bei erstgebärenden Frauen, die in der Geburtsvorbereitung mit den morphologischen Punkten akupunktiert wurden, häufig der Muttermund bereits mehrere Zentimeter eröffnet ist, bevor sie tatsächlich eine verstärkte Wehentätigkeit wahrgenommen haben.

Nachgewiesen wurde der geburtszeitverkürzende Effekt der morphologischen Akupunktur in einer Studie der Universitätsfrauenklinik Mannheim 1997 an 878 Schwangeren. In dieser Studie wurden 329 erstgebärende Frauen mit den in China üblichen Punkten bis zur Geburt genadelt. 224 Erstgebärende wurden mit den psychisch wirksamen Punkten genadelt. 325 erstgebärende Schwangere wurden nicht akupunktiert. Untersucht wurden im Anschluss an die Behandlungsserie Geburtsdauer, die relative Veränderung des Bishop Score, sonografische Bestimmung der Zervixlänge und Trichterbildung.

Ergebnisse zeigten Vorteile

Es zeigte sich eine Verkürzung der Geburtsdauer um zwei Stunden, der relative Bishop Score zeigte mit 5,9 Punkten eine wesentlich stärkere Reifung der Zervix bei den Frauen die nach dem morphologischen Schema akupunktiert wurden. Außerdem kam es bei diesen 329 Frauen zu einer hochsignifikanten Trichterbildung. Eine weitere wesentliche Wirkung der morphologischen Akupunktur in der Geburtsvorbereitung ist die bessere Wehenkoordination im Geburtsverlauf. Vor allem die Notwendigkeit medikamentöser, wehenunterstützender Maßnahmen (Oxytocin-Infusionen) ist deutlich erniedrigt.

Eine schmerzfreie Angelegenheit

Genadelt wird zumeist einmal wöchentlich mit sterilen Einwegnadeln (Edelstahl), beginnend ab der 36.Schwangerschaftswoche. Eine Sitzung dauert 20 Minuten. Akupunktiert wird tonisierend, was bedeutet, dass die Nadel nach dem Einstich in die Haut in ruhender Position bleibt und nicht stimuliert wird. In der Regel ist Akupunktieren keine schmerzhafte Angelegenheit und im Hinblick auf die Geburt als völlig schmerzfrei zu betrachten.

Vorraussetzungen

Vorraussetzung für die Akupunktur ist eine bis zu diesem Zeitpunkt unkomplizierte Schwangerschaft. Als Kontraindikationen gelten eine Placenta praevia, eine primär geplante Sectio caesarea, ein absolutes Missverhältnis des Kindes zum Geburtskanal und bekannte Gerinnungsstörungen der Mutter.

Die berechtigte Frage ob mit der geburtsvorbereitenden Akupunktur der Geburtsvorgang frühzeitig induziert wird, wurde in der Mannheim Studie eindeutig widerlegt. Prinzipiell ist die Wirkungsweise der Akupunktur regulativ und initiiert keinen Prozess, zu dem der menschliche Körper nicht ohnehin schon bereit wäre. Es kommt also nur dann zu einer Wehentätigkeit, wenn bereits eine prinzipielle (im CTG nachweisbare) Wehenbereitschaft besteht.

Geburtseinleitende Akupunktur

Die Punktauswahl der geburtseinleitenden Akupunktur unterscheidet sich geringfügig von der geburtsvorbereitenden Akupunktur. Bei Übertragung (Geburt nach der 42. Schwangerschaftswoche) ist ein Behandlungsversuch mit Akupunktur auch bei fehlenden Zeichen einer Wehenbereitschaft durchaus gerechtfertigt.

Noch keine Routine in Österreich

Ob während der Geburt, oder aber als Therapie von verschiedenen schwangerschaftsbedingten Erkrankungen (Hyperemesis gravidarum, EPH-Gestose, schwangerschaftsinduzierte Hypertonie, Ödeme) - in Österreich ist die Vielzahl der möglichen Einsatzgebiete der Akupunktur noch lange nicht zur Routine geworden. Aber der Trend eine Geburt wieder als einen natürlichen Vorgang und nicht als Krankheit zu betrachten ist offensichtlich. (phr)