Kiew - Dass die "Partei der Regionen" des so genannten Donezker Clans von Ex-Premier Viktor Janukowitsch die ukrainische Parlamentswahl am Sonntag gewinnen wird, darüber besteht für den Politologen Wladimir Fesenko kein Zweifel. Im Gespräch mit der APA meinte der Leiter des Zentrums für angewandte politische Forschung "Penta", dass die Partei Janukowitschs, die von dem Oligarchen Rinat Achemtow unterstützt wird, rund 30 Prozent der Stimmen erhalten wird.

Zweiter wird nach Einschätzung Fesenkos Unsere Ukraine (Nascha Ukraina), der Parteiblock von Präsident Viktor Juschtschenko und Ministerpräsident Juri Jechanurow, mit rund 18 Prozent. Platz drei soll demnach der "Block Julia Timoschenko" (BJuT) mit 15-17 Prozent der Stimmen erringen.

Drei mögliche Szenarien

Drei mögliche Szenarien sieht der Experte nach der Wahl: Eine "Orange Koalition" aus Unsere Ukraine und dem Block Timoschenkos, der ersten Ministerpräsidentin nach der "Orangefarbenen Revolution". Dafür müssten die beiden Ex-Verbündeten gegen Ex-Präsident Leonid Kutschma die Spannungen, die durch die Entlassung von Timoschenko als Regierungschefin eskaliert waren, überwinden.

Timoschenko erhebe Anspruch auf das Ministerpräsidentenamt, so Fesenko. Sowohl Unsere Ukraine als auch die Sozialisten von Alexander Moros, die bei 7 bis 8 Prozent liegen, lehnen dies jedoch ab. Mehr Chancen hätten im Fall einer "Orangen Koalition" Vizepremier Anatoli Kinach oder auch Amtsinhaber Jechanurow. Nur wenn BJuT den zweiten Platz erreicht, könne Timoschenko wieder Regierungschefin werden, meint Fesenko. Während die BJuT besonders viele Unterstützer in der Hauptstadt Kiew habe, sei Unsere Ukraine wiederum im Westen des Landes stärker.

Anti-Orange

Das zweite Szenario ist laut Fesenko eine "Anti-Orange-Koalition" aus der Partei der Regionen mit dem "Volksblock" von Parlamentspräsident Wolodimir Litwin. Janukowitschs Partei lehne im Gegensatz zu den "Orangen" einen NATO-Beitritt seines Landes ab. Um eine Integration in die EU seien die "Regionen" zwar bemüht, aber "nur soweit, dass Russland nicht beunruhigt wird", sagte der Politologe der APA. Diese Partei sei für die Einführung des Russischen als zweite Staatssprache.

Eine Tendenz zum Separatismus der russisch geprägten östlichen Regionen sei nach einem möglichen Eintritt des "Regionen"-Kandidaten Achmetow - laut dem US-Wirtschaftsmagazin "Forbes" der reichste Ukrainer - in die Politik nicht gegeben. Man sei an Stabilität interessiert, analysiert Fesenko. Eine Abspaltung der Ostukraine sei nur wahrscheinlich, wenn in Kiew eine Destabilisierung eintrete.

Das dritte Szenario des Politologen ist eine Große Koalition aus Unsere Ukraine und der Partei der Regionen. Wirtschaftsinteressen würden diese beiden Parteien miteinander verbinden. Timoschenko würde sich einer solchen Koalition nicht anschließen, meint der Wissenschaftler. Denn dies wäre für sie ein Verrat an der "Orangen Idee". (APA)