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ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch soll von der Haftung des ÖGB gewusst haben, die anderen Präsidiumsmitglieder nicht.

Foto: APA/Gindl
Wien - "Die Frage ist, ob wir nicht rasch ein klares Signal setzen müssen. Für den Fritz Verzetnitsch wird es sehr eng." - So unverblümt formuliert ein Gewerkschafts-Grande die Stimmungslage nach der Enthüllung vom Freitag, dass der ÖGB die Gewerkschaftsbank Bawag P.S.K. im Jahr 2000 durch Haftungen vor der Insolvenz gerettet hat.

Nichtinformationspolitik

Die Aktien Verzetnitschs bei seinen roten Gewerkschaftern verzeichneten kurz darauf dramatische Einbrüche. Erstens wegen der immer größeren Dimension der Bawag-Affäre, zweitens wegen der Nichtinformationspolitik von Verzetnitsch. Rudolf Hundstorfer, Präsidiumsmitglied und Chef der Gemeindebediensteten, beklagt sich etwa im STANDARD-Gespräch darüber, "erst am Montag dieser Woche von der Haftung erfahren zu haben". Das Präsidium war nicht informiert, sagt Vize Karl Klein. Andere Vorsitzende von Teilgewerkschaften haben von der Haftung überhaupt erst Freitagfrüh erfahren. Dieses Schweigen über die Hilfe des ÖGB für die Bawag empört die Gewerkschafter. Zusätzlich kreiden viele der Genossen Verzetnitsch an, dass er noch in der Vorwoche in der "Pressestunde" die Verantwortung für die Bawag-Geschäfte nur zur Sache des Vorstands erklärt habe.

Mit dem Schweigen müsse nun Schluss sein, fordert der aufmüpfige Vorsitzende der Druckergewerkschaft, Franz Bittner, im STANDARD-Gespräch: "Jetzt müssen die Karten auf den Tisch. Jetzt stellt sich die Frage der politischen Verantwortung. Dafür brauchen wir aber Informationen."

Ruf nach "Konsequenz"

Denn eines ist für Bittner klar: "Es wird Konsequenzen geben müssen." Ob die Konsequenzen bis zum Rücktritt von Verzetnitsch gehen können, wird sich in der eilig anberaumten Präsidiumssitzung kommende Woche zeigen. Für Hundstorfer, der nicht zur Garde der Jüngeren an der ÖGB-Spitze gehört, die schon länger mit der Ablöse Verzetnitschs liebäugeln, "stellt sich die Frage nach dem Präsidenten nicht". Denn: Er wusste zwar nichts von der Haftung - hätte sie aber befürwortet: "Vor die Alternative gestellt, keine Bank mehr zu haben, halte ich das Handeln Verzetnitschs für vernünftig."

Andere Spitzen-Rote im ÖGB sehen das ganz anders: Sie wüten über die Bawag-Geschäfte in der Karibik und mit anderen Heuschrecken-Firmen. Und sie halten es für klüger, den Fall Verzetnitsch rasch zu erledigen, als sich permanent angreifbar zu machen. Viele ÖGB-Bosse tobten nur unter der Hand. Nur Bittner traut sich, auch mit seinem Namen zu dem Satz zu stehen: "Diese Bank-Geschäfte sind mit der Moral und der Ethik des ÖGB nicht vereinbar." Verzetnitsch selbst äußerte sich am Freitag nur in einer dürren Erklärung: "Die Verantwortung für die Geschäfte der Bank liegt klarerweise beim Vorstand."

Der SPÖ kommt die Affäre in einem Wahlkampf, in dem sie mit ihrer Wirtschaftskompetenz punkten wollte, mehr als ungelegen. Freitag gingen die Parteigrößen vorsichtshalber auf Tauchstation. Bis auf Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos wollte niemand Stellung nehmen. "Natürlich ist die Geschichte höchst unerfreulich", räumte Darabos im Gespräch mit dem STANDARD ein. Und in Richtung ÖGB: "Auch der Eigentümer ist gefordert, über Konsequenzen nachzudenken."

Die Klima-Connection

Auswirkungen auf die SPÖ erwartet Darabos zumindest offiziell nicht: "Die SPÖ hat keine Anteile an der Bank, und es wäre an den Haaren herbeigezogen, sie für die Vorfälle verantwortlich zu machen. Die Wähler können sehr wohl unterscheiden, wer der Eigentümer ist und wer nicht." Das sei auch bei der Bank Burgenland so gewesen. Zusätzliches Ungemach droht der SPÖ durch ein pikantes Detail: Ex-Kanzler Viktor Klima taucht am Rande der Bawag-Affäre auf. Er sei 2000 nach Ende seiner Kanzlerschaft gefragt worden, ob er den Aufsichtsrat in der Bawag-Tochter Alpha Capital übernimmt. Er habe Ja gesagt und eine Einverständniserklärung unterschrieben - dann aber nie wieder etwas gehört. Daher auch an keinen Sitzungen teilgenommen oder sonstige Aufsichtsratstätigkeiten ausgeübt. (Samo Kobenter, Eva Linsinger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25./26.3.2006)