Wien - "Dass Verzetnitsch nicht einmal Nürnberger informiert hat, wird ihn den Kopf kosten." In den 13 Fachgewerkschaften des ÖGB ist der Ärger über den Alleingang von ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch bei den Karibik-Geschäften samt Garantie für die Bawag-Spekulationsverluste im Jahr 2000 groß. "Die wichtigste und mächtige Metallgewerkschaft hätte Verzetnitsch jene Rückendeckung gebracht, die ihm jetzt fehlt", bringt es ein Teilgewerkschaftschef auf den Punkt.

"Weninger wird als ÖGB-Finanzchef auch gehen müssen", sagt ein anderer, der ebenfalls nicht genannt werden will. Der ÖGB-Chef und sein Vize hätten in der Sache zwar richtig, weil zum Wohl der Bawag, gehandelt. Der Vertrauensmissbrauch sei aber enorm und werde wohl nicht zu kitten sein. "Nun muss schleunigst der Weg abgesteckt werden, der in der kommenden Woche zu gehen ist. Und der wird hart."

Treffen am Montag

Klar ist damit: Am Montag geht es ab 8 Uhr ans Eingemachte. Nicht nur im Bawag-Aufsichtsrat, der sich außertourlich trifft, um über personelle Konsequenzen der einst in der Karibik gebauten Milliarden-Verluste der Gewerkschaftsbank zu beraten, sondern auch in der ÖGB-Spitze. Versammelt sind nicht nur die 14 Mitglieder des ÖGB-Präsidiums (davon fünf nicht stimmberechtigt) unter Fritz Verzetnitsch und seinem Vize Günter Weninger (der zugleich Finanzchef des Österreichischen Gewerkschaftsbundes ist, Anm.), sondern auch die Vorsitzenden der 13 Fachgewerkschaften.

Sie werden bohrende Fragen stellen, ihrem Ärger Luft machen - und das historisch schlechte Klima im ÖGB-Präsidium damit kaum verbessern. Seit Bekanntwerden der Refco-Affäre im Oktober sei die Stimmung so vergiftet, dass im Präsidium zum Teil gar nicht mehr miteinander gesprochen werde, schildert ein Präsidiumsmitglied. Das Ultimatum an Verzetnitsch, bis Juni einen Sanierungsplan für die maroden Gewerkschaftsfinanzen vorzulegen, ist dafür ein Indiz (DER STANDARD berichtete).

Einfach wird die Suche nach einer neuen Führungsgarde freilich nicht. So will zum Beispiel niemand Weningers Erbe antreten und die desolaten Finanzen des ÖGB übernehmen. Als Hoffnungsträger galt lange Zeit Tourismusgewerkschafter Rudolf Kaske. Der allerdings hat bereits vor einem Jahr abgewunken. Kein Wunder: Die Mitgliedsbeiträge sind rückläufig, für 2005 wird die Bilanz laut Weninger rote Zahlen ausweisen.

Größtes Problem sind die Zusatzpensionen für die Führungsetage, für die der ÖGB aufkommen muss. Verzetnitsch hat zwar signalisiert, auf diese Zusatzleistungen gegebenenfalls verzichten zu wollen, die Solidarität seiner Kollegen zu einem ebensolchen Schritt soll allerdings gerade bei den mächtigen Einzelgewerkschaftsbossen eine enden wollende sein, wollen Insider wissen. Von der Bawag sind nicht mehr als 15 Millionen Euro Dividende zu erwarten. Kaske, er ist zugleich Vizepräsident im Bawag-Aufsichtsrat, soll bereits einen Rechtsanwalt konsultiert haben, weil er sich von Weninger hintergangen fühlt.

Vor diesem Hintergrund wird sogar über den Verkauf von "Familiensilber" spekuliert: Das mit der P.S.K. im Jahr 2001 gekaufte, von Otto Wagner konzipierte Postsparkassengebäude am Georg-Coch-Platz zum Beispiel, hält man mancherorts für entbehrlich. Es wurde soeben generalsaniert und von der Kommerzkundenabteilung der Bawag besiedelt. Auch Bawag-P.S.K.-Vize Stephan Koren residiert dort. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.3.2006)