Kein Nahrungsbestandteil hat eine derart wechselvolle Geschichte wie das Fett. Über viele Jahrtausende war es als schmackhafter Energiespeicher und Lebensretter begehrt. Wer Fett ansetzen konnte, hatte bessere Chancen, die periodischen Hungersnöte zu überleben. Ein billiges Fett, das man aufs Brot schmieren kann, wurde 1869 für die Soldaten der französischen Armee entwickelt: Die Margarine hielt ihren Einzug. Butter war den Besserverdienern vorbehalten; ebenso die Wildschweine und das Schmalz. Der Bratensaft musste in Strömen fließen, damit es mundete, die Hühnersuppe nur so leuchten mit ihren Fettaugen. Noch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden Fettinspektoren ausgeschickt, um zu kontrollieren, ob die Köche in den Restaurants genug Fett in die Speisen gaben.

Dieses fettfreundliche Weltbild hielt sich bis in die 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts, bis eine Arbeitsgruppe von Jungakademikern, die sich eigentlich Strategien zur Ausrottung des Hungers in den USA ausdenken sollte, einen radikalen Schwenk unternahm. Weil dieses Problem - zumindest zu Hause - weitgehend gelöst schien, suchten sie einen neuen Gesundheitsfeind - und fanden ihn im Fett.

Seit der Veröffentlichung der amerikanischen Ernährungsziele im Jahr 1977 wurde Fett für fast alles verantwortlich gemacht, was mit Krankheit und Tod zusammenhängt. Low Fat und Lightprodukte wurden zu Symbolen der Gesundheit.

Erst in jüngster Zeit schlägt das Pendel wieder stärker in die Gegenrichtung. Fettfreundliche Diäten wie Montignac oder Atkins boomen, und die Ernährungswissenschaft empfiehlt anstelle der Fettvermeidung den Genuss gesunder Fette. Denn zahlreiche Studien haben gezeigt, dass der Konsum von viel Fett keineswegs gesundheitsschädlich sein muss.

Bewohner des Mittelmeerraums etwa, die überdurchschnittlich Fett konsumieren, haben dennoch ein unterdurchschnittliches Herz-Kreislauf-Risiko. Auch die Eskimos gaben den Ernährungswissenschaftlern Rätsel auf. Traditionell essen sie große Mengen an tierischem Fett, das als besonders riskant galt. Dennoch war Herzinfarkt bei den Eskimos fast unbekannt, solange sie ihrer traditionellen Lebensweise nachgingen.

Inzwischen ist klar, dass Fett nicht gleich Fett ist - es gibt eindeutig günstige und belastende Fette.