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Kurz vor 23 Uhr zauberte Silvio Berlusconi sein Ass aus dem Ärmel. Da hatte sich Herausforderer Romano Prodi bereits als Punktesieger im TV- Duell gewähnt. Sichtlich zufrieden hatte sich der "Professore" nach dem Schlusswort zurückgelehnt. Das war der Augenblick, auf den der "Cavaliere" gewartet hatte: "Ich verspreche euch eine Abschaffung der Immobiliensteuer ICI auf alle Erstwohnungen. Also auch auf eure", versicherte er dem Wahlvolk. Als hätte er die ungläubigen Blicke der zwölf Millionen Zuschauer vor den Bildschirmen wahrgenommen, bestätigte Berlusconi sein Versprechen: "Ja, ihr habt richtig gehört. Die ICI verschwindet."

"Duell mit Paukenschlag"

Die unbequeme Frage nach dem Ersatz für das fehlende Steueraufkommen konnte zu diesem Zeitpunkt niemand mehr stellen. Die Sendung war zu Ende. "Duell mit Paukenschlag" titelte der Corriere della Sera. Die Note stellte sich der Premier wie gewohnt selbst aus: "Ich habe das Tennismatch klar mit 6:0, 6:0 gewonnen." Die großen Zeitungen des Landes sprachen am Dienstag von einem "ausgewogenen Duell ohne Sieger". Es war das gegensätzliche Temperament der beiden Rivalen, das den lebhaften Schlagabtausch bestimmte.

Dem gelassen und freundlich wirkenden Prodi gelang es mehrmals, den sichtlich angespannten Regierungschef aus der Fassung zu bringen. Die Erfolgszahlen seines Gegners quittierte er mit einem Zitat von George Bernard Shaw: "Der Presidente klammert sich an die Zahlen wie ein Betrunkener, der nach einer Laterne sucht – nicht zur Erleuchtung, sondern um sich daran festzuhalten." "Behalten Sie den Besoffenen für sich. Ich fordere Respekt vor meinem Amt. Wenn hier jemand wie ein Besoffener redet, dann Sie", ereiferte sich Berlusconi und herrschte den Moderator an, seines Amtes zu walten.

"Strohmann"

Es war der einzige Moment, in dem das Duell aus dem Ruder zu laufen drohte. Während der gesamten Diskussion versuchte der Premier, die Glaubwürdigkeit seines Gegners zu untergraben und ihn als "Strohmann" und "nützlichen Idioten" im Dienst der Kommunisten zu präsentieren. Prodi irritierte den Ministerpräsidenten mit dem Vorwurf, das Land "heruntergewirtschaftet" und "tief gespalten" zu haben: "Sie treten hier auf, als hätten Sie fünf Jahre in der Opposition verbracht. Doch wenn Italien heute miserabel dasteht, dann haben Sie das zu verantworten."

Die Zahl der Italiener, die den Schlagabtausch verfolgten, war um vier Millionen geringer als beim ersten TV- Duell – ein deutlicher Hinweis auf wachsende Politikmüdigkeit. Meinungsforscher schlossen eine Stimmenverschiebung durch das Duell aus. Nach einer internen Umfrage der Linksdemokraten soll Prodi weiterhin fünf Punkte vorne liegen. Umfragen dürfen bis zur Wahl nicht mehr veröffentlicht werden.

Totò

Am Dienstag tobten die Polemiken um die Abschaffung der ICI. Das Rechtsbündnis pflichtete dem Premier bei, die Opposition reagierte mit Spott. "Berlusconi kommt mir wie der Komiker Totò vor, der versucht, den Trevi-Brunnen zu verkaufen", ätzte Ex-Premier Massimo D'Alema. Der Cavaliere war derweil schon wieder auf Stimmenjagd. Die Streichung der Immobiliensteuer sei "völlig problemlos", versicherte er vor Kaufleuten, die er vor der "Machtergreifung der Leninisten" warnte. Ein Blick auf die Schlagzeilen über das "ausgeglichene" TV- Duell zeige, wie weit das "linke Regime" bereits gediehen sei. Dennoch wollte Berlusconi die Hoffnung nicht ganz aufgeben: "Ich vertraue der Intelligenz der Italiener und hoffe, dass es wenige Arschlöcher gibt, die für die Linke wählen." (DER STANDARD, Printausgabe, 5.4.2006)