Die Wiener Galerie Gabriele Senn brachte heftige Panoramen von Hans Weigand zur Viennafair.

Foto: Galerie Senn

Internationaler Kunsthumor aus Warschau: Malgorzata Markiewicz' Annäherungen an die Blütenpracht in Program-Gallery.

Foto: Markiewicz
Die Galerien aus den Ländern des ehemaligen Ostens sind bloß noch geografisch von den "Westlern" zu unterscheiden.


Wien - Zunächst wird einem ja - und das ist einer der wenigen, an der zweiten Auflage der Viennafair zu kritisierenden Punkte - eine Entscheidung aufgezwungen: Links oder rechts an der Wand an Galerien vorbei, die jeden Durchblick auf das Dahinter verstellt. Die Kojenarchitektur verwehrt den (Orientierungs-) Blick durch eine zentrale Achse, verhindert jedes Sich-Finden auf einer offenen Piazza.

Bleibt bloß übrig, sich an den ebenfalls mit Kojen aufgefüllten Seitenwänden entlangzudrücken und von dort aus, durch recht enge Quergänge mäandernd, die Halle zu durchmessen. Es ist schon als Kunststück zu werten, bei zumindest teilweise recht großflächigen Ständen, in eine luftig/lichte Halle Enge einzubauen. Die drei eingestreuten Tränken ändern daran leider auch nichts.

Dafür aber ist die so genannte VIP-Lounge nicht nur von betriebskantinenartiger Dimension, sondern auch von ebensolchem Charme. Isoliert vom Kunstgeschehen findet sich der arme VIP in einer Tristesse wieder, die wohl als Reminiszenz an jene Jahre zu werten ist, die dem Ostblock seinen, zumindest das Ästhetische betreffend, schlechten Ruf einbrachten.

Demokratiepolitisch gesehen, ist es natürlich völlig in Ordnung, dass wenigstens einmal der VIP zu leiden hat, kommerziell gesehen ist es vielleicht nicht so toll, sich potenziellen Sammlern, die bei Kunstmessen ja gemeinhin als VIPs gelten, vorsichtshalber gleich ungastlich zu zeigen. Womit jetzt auch schon alles angemerkt wäre, was bei "The international contemporary art fair focused on CEE" an die Zeiten hinter dem Vorhang erinnert. Jene zwecks Profilierung der Wiener Kunstmesse schwerpunktmäßig eingeladenen Aussteller aus den CEE-Ländern sind jedenfalls durch nichts Spezifisches von den übrigen Galerien zu unterscheiden (auch wenn eine künftig noch stärkere nationale Durchmischung deren momentan noch recht "geblocktes" Auftreten ablösen sollte).

Museumsqualität

Bleibt, die gute von der weniger guten Kunst zu scheiden, die von insgesamt 106 Ausstellern in den Prater verfrachtet wurde. Zu Recht für die gelungene Präsentation preisgekrönt wurde der Stand der Warschauer Galerie lokal30 mit Arbeiten von Anna Baumgart oder Laura Pawela, die knapp vor Viktor Bucher (Pirmin Blum über G.R.A.M. bis Markus Wilfling) das 5.000-Euro-Ziel erreichte.

Eine Kategorie für sich ist Franz Grafs Solo bei Georg Kargl: Graf transformierte die Messekoje in ein zwingendes Museumsstück, womit sein Galerist Galerist Kargl ein ebenso zwingendes Statement abgab: dafür, auch Messen als Orte für Kunst und Künstler, und nicht als vollgerammelten Gemischtwarenladen für Innenarchitekten auf der Suche nach dem Dekor zu begreifen.

Dass Kooperation anstatt verbiesterter Konkurrenz auch unter Händlern zu einem Mehr an Fruchtgewinn führt, beweisen Lelong Zürich und Thoman Innsbruck: Die Galerien haben ihre Stände zu einem Großraumgefüge vereint, vertreten Thomas Feuerstein gemeinsam und zeigen ansonsten Schwerpunkte aus den jeweiligen Programmen. Thoman setzt auf Franz Wests Ficker-Projekt und eine Auswahl an Malern von Brandl bis Zitko, Lelong auf Positionen wie Günter Brus, Günther Förg oder oder Kiki Smith.

Beim Mäandern noch hängen geblieben sind etwa recht frühe Valie-Export-Zeichnungen und die Arbeiten Ellen Berkenbilts bei Miriam Charim (Wien), Björn Dahlem bei Engholm/Englhorn, der wenig gezeigte Raimer Jochims am Stand von Artmark (Wien/Spital am Pyhrn), eine wunderschöne Arbeit auf Papier von Siegfried Anzinger bei Ursula Krinzinger.

In Rosemarie Schwarzwälders Galerie nächst St. Stephan (Wien) zierte ein Schriftbild auf Stoff des Wieners Heinrich Dunst die Außenwand, Silvia Steinek (Wien) klebte rote Punkte unter Gudrun Kampls samtene Wandarbeiten, und bei Nusser & Baumgart (München) sollte man unbedingt ein Auge auf Herbert Nauderers Grafitzeichnungen werfen.

Suzanne Tarasieve aus Paris lockt mit einer annähernd St. Petersburger Hängung von Malereien, und bei Weihergut (Salzburg) schließlich zeigt Jannis Kounellis gelassene Meisterschaft in Objektkästen. (DER STANDARD, Printausgabe, 08./09.04.2006)