Wien - Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung - dass er Amtsmissbrauch begangen haben soll, will und kann Polizeihauptmann Werner M. nicht auf sich sitzen lassen. Er habe immer "nach bestem Wissen und Gewissen" seine Arbeit gemacht - auch an jenem 17. Mai 1999, als er eine Radfahrerin, die trotz roter Ampel über die Wiener Praterstraße gefahren war, verhaftet und in Handschellen abgeführt hatte. Dafür wurde der Offizier Dienstag im Wiener Landesgericht zu einer Geldstrafe von 40.000 Schilling verurteilt. Das nicht rechtskräftige Urteil liegt unter der gesetzlichen Mindeststrafe. Wie berichtet, war die Amtshandlung vom Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) Wien als rechtmäßig eingestuft worden. Dieser Ansicht schloss sich auch das Gericht prinzipiell. Dem UVS-Spruch, auch das Anlegen der Handfesseln sei gerechtfertigt gewesen, konnte der Gerichtssenat aber nicht mehr folgen. "Es geht gar nicht darum, ob die Ampel rot oder grün war, sondern darum, dass bei der nachfolgenden Amtshandlung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit klar verletzt wurde", sagte Richter Friedrich Zeilinger. Das Anlegen von Handfesseln müsse ultima ratio bleiben. Schmächtig aggressiv Als mildernd für den Angeklagten wertete das Gericht, dass die Radfahrerin durch ihr unkooperatives und aggressives Verhalten zur Eskalation der Situation beigetragen habe. Dass die schmächtige, 50 Kilogramm leichte Frau, die sich geweigert hatte, Namen und Adresse bekannt zu geben, insgesamt aber gleich vier Beamte beschäftigte, stieß auf gerichtliches Kopfschütteln. "Das nächste Mal rufen sie vielleicht die Spezialeinheit WEGA", ätzte Staatsanwalt Walter Geyer. Besonders erschwerend: Im Diensteifer kümmerten sich die Polizisten nicht um die Kinder der Verhafteten, fünf und zehn Jahre alt. Der kleine Bub und das Mädchen radelten allein heim. "Sie haben die Kinder im Stich gelassen und das ist 1000-mal gefährlicher, als eine rote Ampel zu ignorieren", sagte der Staatsanwalt. (simo)