Papst Benedikt XVI. ist sicher kein Gegner von Laienorden wie dem Opus Dei. Aber zum Unterschied von seinem Vorgänger Johannes Paul II. auch kein Fan. Er hofiert traditionelle Ordensgemeinschaften wie die Benediktiner. Der Internationalist Wojtyla hingegen ermöglichte 1992, nur 17 Jahre nach dessen Tod, die Seligsprechung des Opus-Dei-Gründers Escrivá und 2002 die Heiligsprechung. Unter den Bischofsernennungen des polnischen Papstes war die Zahl der Opus-Dei-Leute höher als unter seinen drei Vorgängern zusammen. Den Spanier Joaquín Navarro Valls machte er 1984 sogar zum Chef der vatikanischen Medien und zu seinem Sprecher. Wie sich der Einfluss des Opus Dei unter dem deutschen Papst entwickeln wird, bleibt also abzuwarten.
Der Wahlausgang in Italien ist für Opus Dei ein Rückschlag. Zwar wird auch der "Unione"-Politiker, ehemalige Kommunist und Ministerpräsident der ausgehenden 90er-Jahre Massimo D'Alema zum Opus Dei gezählt, Mitglieder des Laienordens aber gehören zum operativen Zentrum von Silvio Berlusconis Forza Italia und dessen Parteienkoalition. Berlusconi selbst ist nach Medienberichten und Buchinhalten (z.B. Udo Gümpel und Feruccio Pinotti: "Berlusconi Zampano – die Karriere eines genialen Trickspielers", Verlag Riemann. Oder: Alexander Stille: "Citizen Berlusconi", Verlag C.H. Beck) schon in den 60er-Jahren in den Dunstkreis des Opus Dei geraten.
"Werte der Demut"
Sodass der kuriale Protektor des Opus Dei seit Jahrzehnten, der mittlerweile 95-jährige Kardinal Silvio Oddi laut Süddeutscher Zeitung sagen konnte: "Berlusconi setzt sich wie wir dafür ein, die Werte der Demut und des Fleißes zu fördern."
Schlüsselfigur des Netzwerks ist seit Langem Marcello Dell'Utri, Europa- Abgeordneter der Forza Italia, in den 60er-Jahren Sportdirektor des Opus Dei in Rom und in Palermo. Er wird sein Mandat so schnell nicht aufgeben, weil er als ehemaliger Chef der Berlusconi-Firma "Publitalia" (nicht rechtskräftig) zu neun Jahren Haft wegen "Beihilfe für eine Vereinigung mafiösen Charakters" verurteilt wurde. Der Noch-Premier und Dell'Utri haben sich 1961 in einem Ferienheim des Opus Dei auf Sizilien kennen gelernt und sind von da an Freunde geblieben.
Buttigliones "Pro Vita"
Im Vatikan selbst ist der personelle Einfluss in der Umgebung des Vorgänger- Papstes gestiegen, angefangen von der Bestellung des Kardinal-Staatssekretärs Angelo Sodano am Beginn des polnischen Pontifikats. Der spätere Berlusconi-Minister und Christdemokrat Rocco Buttiglione avancierte ebenfalls schon Anfang der 80er-Jahre zum politischen Berater des Papstes. Buttiglione wurde europaweit bekannt, als seine Bestellung zum EU-Justizkommissar scheiterte. Der Grund: Buttigliones Einstellungen zu den Homosexuellen. Die von Buttiglione maßgeblich geförderte Bewegung "Pro Vita" wird mittlerweile vom Christdemokraten und Vorsitzenden der Abgeordnetenkammer Pier Ferdinando Casini geführt. Dieser gilt innerhalb des Rechtsbündnisses als Favorit für die Berlusconi- Nachfolge.
"Sakrileg"
Im Kardinalskollegium ließ sich die Nähe zu Opus Dei zuletzt an den Attacken auf Dan Brown, den selbst nicht zimperlichen Autor des Bestsellers "Sakrileg" oder "The Da Vinci Code" ablesen (Der Kinofilm startet in Österreich Mitte Mai). Erst vor wenigen Tagen äußerte sich dazu der chilenische Kardinal und Opus-Dei-Sympathisant Jorge Medina Est´evez. Der Roman zeichne "ein verzerrtes und blasphemisches Bild Jesu", weshalb die Gläubigen die Gewinne von Autor und Verlag durch Buchkäufe und Kinobesuche nicht noch steigern sollten. Medina war zusammen mit dem extrem konservativen kolumbianischen Kardinal Alfonso López Trujillo der Organisator süd- und mittelamerikanischer Stimmen für Joseph Ratzinger.
Mächtige Männer um Franco
In die rechte Ecke geriet Opus Dei indessen durch seine mächtigen Männer im Regime des spanischen Diktators Francisco Franco. Mehr als die Hälfte seines letzten Kabinetts gehörte dem Orden an, dessen öffentliche Präsenz mittlerweile den Stempel "Geheim" nicht mehr rechtfertigt. Als die Diktatur fiel, reagierten auch die Bosse der Organisation. Sie unterstützten fortan die demokratische Entwicklung. In der Regierung des konservativen Premierministers José María Aznar war ungefähr die Hälfte der Mitglieder Mitglied oder Unterstützer von Opus Dei – bis hin zur späteren EU-Kommissarin Palacio.
Britische Bildungsministerin