Vor allem in Deutschland, aber auch in Österreich wurde vor Einführung des Euro immer die Notwendigkeit einer starken europäischen Währung betont. "Stark wie die Mark" war der Titel einer Broschüre der deutschen Regierung. Die im "Stabilitätspakt" dokumentierte Entschlossenheit der Teilnehmerstaaten, Budgetdisziplin zu wahren und die Verankerung von Preisstabilität als vorrangiges Ziel einer von politischen Einflüssen unabhängigen Europäischen Zentralbank sollten die Gewähr für einen starken Euro auch nach außen bilden.

Solange der Euro im Verlauf des vergangenen Jahres gegenüber Dollar und Yen zwar an Wert verlor, aber doch konstant über der magischen, wenn auch irrelevanten, Schwelle von 1:1 zum Dollar blieb, waren die Erklärungen dafür plausibel: relativ hoher "Eintrittskurs" am 1.1.1999 in Erwartung einer restriktiven Geldpolitik der EZB, Wachstumsdifferential zur USA, offensichtliche Spannungen zwischen der Führung der EZB und dem damaligen deutschen Finanzminister Lafontaine, allenfalls auch mangelnde Fortschritte bei der Integration der Finanz- und Kapitalmärkte waren die immer wieder vorgebrachten Gründe. Gleichzeitig wurde darauf verwiesen, dass die Preisstabilität nach innen nicht gefährdet sei und der Euro mittelfristig sein Aufwertungspotential unter Beweis stellen werde.

Kurzschlüsse

Obwohl das Abstellen auf innere Stabilität des Euro, also auf Preisstabilität, sinnvoll ist, während eine Stabilisierung des Außenwerts, etwa durch Wechselkurszielzonen derzeit weder in Europa noch im Verhältnis zur USA, konsensfähig wäre, wird angesichts des massiven Kursverfalls des Euro gegenüber Dollar und Yen im Laufe der letzten Monate doch über Ursachen und Auswirkungen gerätselt. Es ist jedenfalls offenkundig, dass rein ökonomische Erklärungsansätze darauf keine Antwort mehr geben.

Auch die nach wie vor beliebte Beschwörung von Strukturschwächen der Euro-11-Wirtschaften bzw. die im Vergleich zu den USA viel regulierteren, weniger flexiblen Rahmenbedingungen reichen für eine hinreichende Begründung nicht aus, da zunehmend stärkeres Wachstum, Erfolge bei der Budgetkonsolidierung und überall eingeleitete Strukturreform in Europa sich zumindest nicht negativ auf den Außenwert des Euro auswirken sollten.

Dabei sollte nicht verschwiegen werden, dass ein schwächerer Euro angesichts niedriger Inflation den Aufschwung in der Euro-Zone, vor allem auch in Deutschland und Österreich unterstützt hat und daher durchaus nicht unwillkommen ist. Außerdem besteht eben der Vorteil der Währungsunion darin, dass Schwankungen im Außenwert des Euro nur mehr einen relativ kleinen Teil wirtschaftlicher Transaktionen betreffen.

Ein Aspekt scheint mir in der jüngsten Diskussion über den Euro jedoch unterbelichtet geblieben zu sein, nämlich inwieweit mangelnde Fortschritte in der politischen Außenvertretung des Euro bzw. im "Management" der Euro-Zone auch Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit einer europäischen Wirtschafts- und Währungspolitik haben, wobei es im weiteren Sinn um Zweifel an der politischen Entscheidungsfähigkeit der Union insgesamt geht.

In diesem Sinne sind auch die jüngsten Überlegungen des deutschen Außenministers Fischer von Interesse, zeigen sie doch auf, dass auch nach Einführung des Euro und trotz der Dynamik im Sicherheits- und Verteidigungsbereich seit den Europäischen Räten von Köln und Helsinki letztlich eine gemeinsame Vision für die "Finalität" der Europäischen Integration fehlt und die Regierungskonferenz sich vielleicht gerade deshalb eine relativ bescheidene Agenda vorgegeben hat.

Die wirtschaftspolitische Koordination und die Außenvertretung der Euro-Zone sind ein gutes Beispiel dafür, dass derzeit noch keine Bereitschaft besteht, der Realität der gemeinsamen Währung in einem klaren und effizienten institutionellen Rahmen und durch eine einheitliche Außenvertretung politischen Ausdruck zu verleihen. Um es mit einem gelegentlich gebrauchten Schlagwort zu sagen: die Euro-Zone hat kein politisches "Gesicht" nach außen.

Koordination . . .

Natürlich sind seit Einrichtung des Euro 11 unter österreichischem Vorsitz beachtliche Fortschritte erzielt worden: die Analysekapazität in Bezug auf den gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsraum der Euro-11-Zone wurde ausgebaut, statt Spannungen zwischen den Euro-11-Finanzministern und der EZB ist der laufende Dialog eine Selbstverständlichkeit geworden, die verbale Disziplin in Bezug auf die Kommentierung von Wechselkursentwicklungen hat sich verbessert. Auch die Teilnahme des EZB-Präsidenten und des Euro-11-Vorsitzenden am Meinungsaustausch über Wirtschafts- und Wechselkursentwicklungen im Rahmen der Tagungen der G 7 Finanzminister und Notenbankgouverneure ist zur Selbstverständlichkeit geworden.

Für den Beobachter außerhalb Europas sind die komplizierten Mechanismen für die Abstimmung der mit Errichtung der EZB zentralisierten Geldpolitik und der nationalen und damit "dezentralisierten" Fiskalpolitik jedoch nur schwer verständlich. Die unter österreichischem Vorsitz im legalen Graubereich errichtete Euro-11-Gruppe agiert im Wesentlichen nach innen, ihr Vorsitzender müsste jedoch eigentlich das von allen akzeptierte einzige Sprachrohr und der Ansprechpartner für die Finanzminister der USA und Japans sein und Euro-Zone auch in der G 7 und im IMF vertreten.

... bleibt wirkungslos

Auf einen derart weitgehenden Souveränitätsverzicht konnte man sich jedoch nicht einigen. Stattdessen gab es einen Minimalkompromiss, der in WWU-Fragen eine Abstimmung der Haltung und einen verstärkten Informationsaustausch sowie eine Einbeziehung der Euro-11-Präsidentschaft in die G-7-Tagungen vorsieht. Die eigentliche Vertretung der Euro-Zone in der G 7 wird damit allerdings nach wie vor durch Deutschland, Frankreich und Italien wahrgenommen und im IMF sind die Euro 11 weiterhin auf acht Stimmrechtsgruppen aufgeteilt, wodurch die Identität der Euro-Zone nach außen verlorengeht.

Durch diesen Kompromiss wurden zwar die nationalen Interessen der großen Mitgliedsstaaten, zumindest vordergründig, gewahrt, Europa, bzw. die Euro-Zone als Ganzes begibt sich damit jedoch der Möglichkeit, auf der internationalen Bühne seinem Gewicht entsprechend aufzutreten und seine Interessen gegenüber den USA mit größerem Nachdruck zu vertreten.

Daran können auch noch so viele Koordinationsmechanismen zur Abstimmung der europäischen Haltung nichts ändern. Kein Wunder, dass auch die Außenwelt Europa noch nicht als Einheit wahrnimmt.

Wie sehr für die G 7/8 Partner Europas immer noch die 4 großen Europäer direkte Ansprechpartner sind und nicht etwa die Präsidentschaft zeigt sich auch darin, dass japanische Außenminister und Premierminister zwar regelmäßig Berlin, Paris, London, Rom und allenfalls Brüssel besuchen, kleinere Präsidentschaften wie in diesem Halbjahr Portugal aber ignorieren. Die Rede des japanischen Außenministers Kono im Jänner, mit der eine neue europäisch-japanische Partnerschaft eingeleitet werden sollte, wurde bezeichnenderweise auch nicht in Lissabon oder Brüssel, sondern in Paris gehalten.

Dietmar Schweisgut, ehemals Sektionschef im Finanzministerium, ist Österreichischer Botschafter in Tokio.