Die gefälschten Hollywood-Interviews des Journalisten Tom Kummer haben für die Chefredaktion des Magazins der "Süddeutschen Zeitung" harte Konsequenzen: Wie die "SZ" in ihrer Dienstag-Ausgabe berichtet, haben die Geschäftsführungen des Süddeutschen Verlages (SV) und der "SZ"-Magazin Verlagsgesellschaft am Montag beschlossen, die Vertragsverhältnisse mit Ulf Poschardt und Christian Kämmerling zu beenden. "Auf Grund der Eskalation der Ereignisse in den vergangenen Tagen sahen sich die Geschäftsführungen zu diesem Schritt gezwungen", hieß es. Poschardt war bisher Chefredakteur des "SZ"-Magazins, Kämmerling zuletzt Berater für die Heftkonzeption. Verlagssprecher Sönke Graumann hatte zuvor gesagt, es gebe "keine konkreten Überlegungen", die Eigenständigkeit des Magazins aufzuheben und die wöchentliche Beilage der "SZ"-Führung unterzuordnen. "Was in der Zukunft passiert, muss man abwarten", meinte Graumann. Generationswechsel An der Spitze des Verlags steht am 1. September ein Generationswechsel an: Der 40-jährige Dirk Refäuter, der vom Bertelsmann-Konzern kommt, wird Reiner Maria Gohlke (65) als Sprecher der Geschäftsführung ablösen. Dem Fall Kummer ist schon jetzt ein Platz in der Mediengeschichte sicher: Die SZ, auflagenstärkste überregionale deutsche Tageszeitung, hat nicht nur am Wochenende in einem außergewöhnlichen Schritt auf zwei vollen Seiten die Geschichte der Fälschungen für ihre Leser dokumentiert. Noch ungewöhnlicher war, dass die Chefredaktion des "SZ-Magazins" postwendend öffentlich die umfangreiche Recherche zwei der besten "SZ-Spürnasen" als einseitig und parteiisch brandmarkte. In der Dokumentation war deutlich gemacht worden, dass vor allem SZ-Magazin-Chefredakteur Ulf Poschardt vor Kummers Arbeitsweise mehrfach gewarnt worden sei. Glaubwürdigkeitsverlust und Imageschaden Die Eigenständigkeit von SZ sowie "SZ-Magazin", das mit unabhängiger Chefredaktion und Verlagsgesellschaft erscheint, hat den offenen Konflikt innerhalb des Süddeutschen Verlags erst möglich gemacht: Der Glaubwürdigkeitsverlust und Imageschaden durch Kummer, der zahlreiche Interviews mit Stars wie Sharon Stone oder Brad Pitt erfand, trifft jedoch beide schwer. Die SZ, die gerade im Parteispendenskandal durch ihre Enthüllungsgeschichten ihr Ansehen mehrte, wollte ihren Ruf zumindest durch eine offensive Strategie mit einer schonungslosen Dokumentation des Vorfalls schützen. Spannungen zwischen SZ und Magazin sind nicht neu: Die wegen ihrer respektlosen und originellen Artikel vielfach ausgezeichnete Beilage hat mit ihrem Journalismus "an der Borderline" (Poschardt) immer wieder für Irritationen gesorgt: Vor wenigen Wochen hatte das Magazin in einem als Satire gemeinten Beitrag über eine mögliche Erbkrankheit von Prinz Ernst August von Hannover berichtet. Der Artikel wurde sofort von der Boulevardpresse aufgegriffen. Ernst-August-Anwalt Matthias Prinz kündigte Klage gegen das "SZ-Magazin" an. Der gesamte Verlag habe durch den "großen Unterhaltungswert" des "SZ-Magazins" profitiert, sagte Graumann. Mit der derzeitigen Konstruktion sei "man gut gefahren". Obwohl letztes Jahr die "Zeit" und danach die "FAZ" ihre hoch defizitären Beilagen einstellten, hat sich der Süddeutsche Verlag weiterhin zu seinem Magazin bekannt. Auch das "SZ-Magazin" macht beträchtliche Verluste. Zahlen nennt der Verlag nicht. In Presseberichten ist von mehreren Millionen Mark die Rede. Kummer, dem das SZ-Magazin nach 30 Beiträgen bereits im vergangenen Jahr kündigte, ist nach eigenen Worten "in Hollywood die Verbindung zur realen Welt abhandengekommen", wie er Poschardt schrieb. Der in Los Angeles lebende Schweizer hat auch für andere namhafte deutsche Blätter geschrieben, wie das "Zeit"-Magazin oder die FAZ. Am Wochenende präsentierte er sich im Deutsch-Amerikanischen Institut in Heidelberg als "Nicht-Journalist" und "Konzeptkünstler". Sein Ziel sei es gewesen, die Verlogenheit der Hollywood-Welt durch seine "Wahrheit" zu entlarven, erklärte Kummer. (APA)