Kostenfaktor Selbstbestimmung
Kranke Menschen werden von verschiedenen Seiten in erster Linie
als Verursacher von Kosten oder als "Querulanten" gesehen - und
häufig auch so behandelt. "Es wird oft über den Patienten geredet,
jedoch wenig mit ihm", beklagte Monika Maier von der Arge Selbsthilfe
Österreich.
Die Selbstbestimmung werde gerne bei der Kostenübernahme
für die therapeutische Behandlung betont, ansonsten wolle man den
mündigen Patienten jedoch nicht wirklich, kritisierte Maier. Um
selbst am Behandlungsprozess teilnehmen zu können, bedürften die
Behandelten jedoch mehr qualitative Informationen, so Maier.
Patientenrechte versus Fremdbestimmung
Der niederösterreichische Patientenanwalt und Sprecher aller
Patientenanwälte Österreichs, Gerald Bachinger, bezeichnete die
rechtlichen Absicherung der Patientenrechte, etwa durch die
Patientencharta, als "gut" in Österreich. In der Praxis ortet aber
Bachinger, dass die Fremdbestimmung über den Patienten noch immer in
den Köpfen des Gesundheitspersonals stark verankert sei."Der mündige Patient - an der Realität geprüft - stellt sich als Fiktion heraus", so der Jurist. Es gelte aber zu beachten, dass die Selbstbestimmung jedoch keine Pflicht sei, sondern immer eine Wahl
des Betroffenen sei.
Wunsch nach therapeutischer Partnerschaft
Beide Extreme, die vollkommene Mündigkeit der
Patienten, aber auch die totale Fremdbestimmung werden in Umfragen
mehrheitlich von den Patienten abgelehnt. Vielmehr gehe es um eine
"therapeutische Partnerschaft". Darüber hinaus forderte Bachinger,
dass Patienten ihre Rechte nicht nur auf der untersten Ebene - im
Verhältnis Arzt-Patient - zugestanden wird, sondern auch in höheren,
strukturellen Ebenen.
Verantwortung heißt Folgen kennen
Im EU-Raum existiere breiter Konsens, dass der Patient in
geeigneter Form in sämtlichen, ihn betreffenden Entscheidungsprozesse
einzubinden sei, berichtete der Präsident der Österreichischen
Ärztekammer, Reiner Brettenthaler. Trotzdem sei die gewünschte
Mündigkeit nicht leicht zu erreichen, da dies mit einer Übernahme der
Verantwortung durch den Patienten einhergehen müsse. "Nur wem die
positiven und negativen Folgen seiner Wahl auch bewusst sind, könne
mündig sein", mahnte Brettenthaler.
Aufklärung für Ärzte ein "Defizitgeschäft"
Zudem sei das Gesundheitssystem auf Sparen angelegt. "Solange das Sprechen für einen Arzt ein Defizit ist, sind die Bedingungen für die Umsetzung der Selbstbestimmung
schlecht", stellte Brettenthaler, selbst niedergelassener Arzt, fest.
Wissenspotential Pharmaindustrie?