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Der mündige Patient ist eine Fiktion

Foto: APA/Hans Klaus Techt
Mangelnde objektive Informationen über Therapien und Krankheiten sowie die fehlende Anerkennung der Patienten als Partner in der therapeutischen Behandlung seien wesentliche Hindernisse für eine ausreichende Selbstbestimmung, hieß es bei einer von der Gesellschaft für Moderne Medizin( GEMOMED) veranstalteten Diskussionsrunde zum Thema "Der mündige Patient - Sein Recht auf Selbstbestimmung" in Wien.

Kostenfaktor Selbstbestimmung

Kranke Menschen werden von verschiedenen Seiten in erster Linie als Verursacher von Kosten oder als "Querulanten" gesehen - und häufig auch so behandelt. "Es wird oft über den Patienten geredet, jedoch wenig mit ihm", beklagte Monika Maier von der Arge Selbsthilfe Österreich.

Die Selbstbestimmung werde gerne bei der Kostenübernahme für die therapeutische Behandlung betont, ansonsten wolle man den mündigen Patienten jedoch nicht wirklich, kritisierte Maier. Um selbst am Behandlungsprozess teilnehmen zu können, bedürften die Behandelten jedoch mehr qualitative Informationen, so Maier.

Patientenrechte versus Fremdbestimmung

Der niederösterreichische Patientenanwalt und Sprecher aller Patientenanwälte Österreichs, Gerald Bachinger, bezeichnete die rechtlichen Absicherung der Patientenrechte, etwa durch die Patientencharta, als "gut" in Österreich. In der Praxis ortet aber Bachinger, dass die Fremdbestimmung über den Patienten noch immer in den Köpfen des Gesundheitspersonals stark verankert sei."Der mündige Patient - an der Realität geprüft - stellt sich als Fiktion heraus", so der Jurist. Es gelte aber zu beachten, dass die Selbstbestimmung jedoch keine Pflicht sei, sondern immer eine Wahl des Betroffenen sei.

Wunsch nach therapeutischer Partnerschaft

Beide Extreme, die vollkommene Mündigkeit der Patienten, aber auch die totale Fremdbestimmung werden in Umfragen mehrheitlich von den Patienten abgelehnt. Vielmehr gehe es um eine "therapeutische Partnerschaft". Darüber hinaus forderte Bachinger, dass Patienten ihre Rechte nicht nur auf der untersten Ebene - im Verhältnis Arzt-Patient - zugestanden wird, sondern auch in höheren, strukturellen Ebenen.

Verantwortung heißt Folgen kennen

Im EU-Raum existiere breiter Konsens, dass der Patient in geeigneter Form in sämtlichen, ihn betreffenden Entscheidungsprozesse einzubinden sei, berichtete der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Reiner Brettenthaler. Trotzdem sei die gewünschte Mündigkeit nicht leicht zu erreichen, da dies mit einer Übernahme der Verantwortung durch den Patienten einhergehen müsse. "Nur wem die positiven und negativen Folgen seiner Wahl auch bewusst sind, könne mündig sein", mahnte Brettenthaler.

Aufklärung für Ärzte ein "Defizitgeschäft"

Zudem sei das Gesundheitssystem auf Sparen angelegt. "Solange das Sprechen für einen Arzt ein Defizit ist, sind die Bedingungen für die Umsetzung der Selbstbestimmung schlecht", stellte Brettenthaler, selbst niedergelassener Arzt, fest.

Wissenspotential Pharmaindustrie?

Der Generalsekretär der Pharmig, Jan Oliver Huber, sieht in der Pharmaindustrie ein großes Wissenspotenzial, dass durch Werbverbote für rezeptpflichtige Medikamente nicht den Patienten zur Verfügung gestellt werden kann. Dabei sollte vor allem die Information im Vordergrund stehen. Die Mündigkeit sei aber auch eine Frage der Bildung und der Einkommenssituation jedes einzelnen. "Es ist letztendlich der Arzt, der über die Verschreibung von Medikamenten entscheidet", so Huber. (APA)