Bild nicht mehr verfügbar.

Große Herausforderungen nach dem Sieg: Premier Ferenc Gyurcsány (re.) mit Gattin Klara in der Wahlnacht.

REUTERS/Laszlo Balogh
Grafik: STANDARD
Budapest/Brüssel - Die sozialliberale Koalition von Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány (42) hat die Parlamentswahl in Ungarn klar gewonnen. Damit ist erstmals seit dem Fall des Kommunismus eine ungarische Regierung wiedergewählt worden.

Gyurcsány sagte, der Sieger trage "die Verantwortung dafür, dass ganz Ungarn von dem Sieg profitiert". Dem Land stehe die "intensivste Reformära seit der Wende" 1989 bevor. Sozialisten (MSZP) und Liberale (SZDSZ) wollen in den nächsten Tagen die Koalitionsverhandlungen beginnen. Mitte Mai soll sich das neue Parlament konstituieren. Mitte Juni solle die neue Regierung offiziell ihr Amt antreten, sagte Gyurcsány am Montag in Budapest.

Der Premier versprach, alles dafür zu tun, um das ausufernde Budgetdefizit zu reduzieren, um bis 2008 die Kriterien zur Einführung des Euro im Jahr 2010 zu erfüllen. Dies ist Ungarns größtes Problem in den Beziehungen zur EU.

In Brüssel sagte die Sprecherin von EU-Währungskommissar Joaquín Almunia am Montag, Ungarn habe ein extrem großes Defizit. Die wiedergewählte Regierung werde bis 1. September neue Pläne vorlegen müssen, wie sie das Defizit senken wolle.

Gyurcsánys unterlegener Rivale Viktor Orbán (44), Vorsitzender der rechtskonservativen Partei Fidesz-MPP (Junge Demokraten-Ungarische Bürgerpartei), übte unterdessen Selbstkritik wegen der verlorenen Wahl. Er kündigte an, zusammen mit dem gesamten Parteivorstand den Rücktritt anzubieten. Er übernehme persönlich die Verantwortung "für jeden Fehler".

Überraschend hatte die kleinen Mitte-rechts-Partei MDF (Ungarisches Demokratisches Forum) im ersten Wahlgang vor zwei Wochen die Fünfprozenthürde für den Einzug ins Parlament geschafft. Ihre Vorsitzende Ibolya Dávid (53) sagte am Montag: "Nicht die Regierungskoalition hat die Wahlen gewonnen, sondern die Opposition hat sie verloren." Grund dafür sei der linkspopulistische, antikapitalistische Kurs von Fidesz. "Dies ist kein gangbarer Weg", sagte Dávid, die sich als klassische Christdemokratin sieht.

Nach Angaben des zentralen Wahlbüros in Budapest kommen die sozialistische MSZP von Gyurcsány und die bisher mitregierende liberale SZDSZ zusammen auf 210 Mandate (plus zwölf). Orbáns Junge Demokraten haben unverändert 164 Mandate, und das MDF elf (minus 13). Ein weiteres Mandat erhält ein Parteiloser. (kl/DER STANDARD, Printausgabe, 25.4.2006)