Der Kofferfisch, so wie er ist ...

foto: mercedes

... als Aerodynamik-Modell ...

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... und schließlich als "Bionic Car".

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Es ist irgendwo da draußen – diese schlanke Erkenntnis könnte so etwas wie das Leitmotiv für die Entwicklung des Mercedes Bionic Car gewesen sein. Schließlich handelt es sich bei dem Mitte 2005 vorgestellten Wagen um ein Konzeptfahrzeug, das auf Vorbildern in der Natur basiert.

Auf der Suche nach der idealen Form starteten Biologen, Bionik-Wissenschaftler und Automobilforscher zu einer Expedition ins Tierreich, die sie schon nach kurzer Zeit in die Tiefen der Unterwasserwelt führte - und für eine Überraschung sorgte: Nicht die schnellen, schlanken Schwimmer wie Haifisch oder Delfin kamen den Vorstellungen der Tüftler besonders nahe, sondern ein Meeresbewohner, der auf den ersten Blick alles andere als stromlinienförmig und wieselflink wirkt: der Kofferfisch.

Kantig, aber geschickt

Das Tierchen ist in den Korallenriffen, Lagunen und Seegrasgebieten tropischer Meere zu Hause und war für die Ingenieure gleich aus mehreren Gründen Objekt der Begierde: Denn trotz des kantigen Äußeren ist der Kofferfisch ein überaus geschickter Schwimmer. Dessen Außenhaut besteht aus einer Vielzahl sechseckiger Knochenplatten, die so miteinander verwachsen sind, dass sie einen starren Panzer bilden. Diese knochige Wabenstruktur verleiht dem Rumpf des Fisches hohe Steifigkeit, schützt ihn vor Verletzungen und ist auch das Geheimnis seiner perfekten Bewegungsfähigkeit.

Übertragen auf den Automobilbau war der Kofferfisch ein ideales Vorbild für hohe Belastbarkeit, Steifigkeit und Aerodynamik. Hinzu kommt, dass seine rechteckige Anatomie mit dem Querschnitt einer Pkw-Karosserie nahezu identisch ist.

Idealform

Trotz seiner eher robusten Statur besitzt der Kofferfisch beinahe ebenso gute strömungstechnische Qualitäten wie ein tropfenförmiger Grundkörper, der als Maßstab für die aerodynamische Idealform gilt. Bei freier Anströmung hat der Stromlinienkörper einen Luftwiderstandsbeiwert (cW-Wert) von 0,04. Mit einem originalgetreuen Modell des Kofferfisches erzielten die Mercedes-Ingenieure im Windkanal einen Wert, der diesem Idealkörper recht nahe kommt: cW 0,06. Das erklärt, warum der Fisch ein so guter Schwimmer ist und sich mit minimaler Kraftanstrengung flink bewegen kann.

Um dieses aerodynamische Potenzial zu nutzen, entwickelten die Ingenieure zunächst ein Modell im Maßstab 1 : 4, dessen Form weitgehend dem Kofferfisch entsprach. Auf dem Prüfstand wurde der cW-Wert gängiger Kompaktwagen um mehr als 65 Prozent unterboten. Ein Spitzenwert, der auch die fertige Studie "Bionic Car" schmückt. Die streckt sich über 4,24 Meter und weist mit zwei Türen, vier Einzel-Sitzen und Panorama-Frontscheibe grundsätzliche Qualitäten eines Kompakten auf.

Sparsam und flink

Doch nicht nur exzellente Aerodynamik macht das Bionic Car zum potenziellen Sprit-Knauserer, intelligenter Leichtbau leistet sein übriges. Der 140 PS starke 2-Liter-Dieselmotor verbraucht 4,3 Liter je 100 Kilometer. Die Höchstgeschwindigkeit des Versuchsfahrzeugs liegt bei 190 km/h, 100 km/ sind in 8,2 Sekunden erledigt.

Die Abgase des Aggregats werden von einem Russpartikelfilter gereinigt. Zusätzlich verfügt das Auto über einen Katalysator, der mit Hilfe einer "AdBlue" genannten Harnstofflösung rund 80 Prozent der Stickoxide in unschädlichen Stickstoff und Wasserstoff umwandelt. (red/derStandard.at)