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Wieder gut gelaunt: Bank-Chef Nowotny, ÖGB-Chef Hundstorfer

Foto: APA/Jäger
Die Gewerkschaftsbank Bawag hat in den Tagen vor dem Rettungspaket von Bund, Banken und Versicherungen viele Sparkunden verloren. Die Einlagenabflüsse erreichten "schon erhebliche Größenordnungen", sagte Bank-Chef Ewald Nowtony am Dienstag. In der Spitze hätten Sparer mehr als 50 Millionen Euro pro Tag abgezogen.

Symbole gefragt

Nun mussten positive Symbole her, Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und andere Spitzenpolitiker eröffneten am Dienstagvormittag demonstrativ Sparbücher bei der Bawag (siehe Ansichtssache). Zuvor war bekannt geworden, dass als Teil des Rettungspaketes für die Bank auch die Übertragung ihres Aktienpaketes und jenes des ÖGB an der Nationalbank (insgesamt 20,26 Prozent) an die Republik beschlossen wurde. Der – nicht aussagekräftige – Nominalwert für dieses Paket beträgt 2,5 Millionen Euro. Gemessen am tatsächlichen Eigenkapital der Notenbank von rund vier Milliarden Euro entspricht der Fünftelanteil aber 800 Millionen Euro.

Am Montag, eine Viertelstunde vor Mitternacht, war Kanzler Wolfgang Schüssel nach stundenlangen Krisensitzungen mit dem Vorstand der Bawag, ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer, Notenbank-Gouverneur Klaus Liebscher und den Chefs der österreichischen Großbanken und Versicherungen sogar noch zu kleinen Scherzchen aufgelegt.

In einem kurzfristig anberaumten Pressegespräch im Bundeskanzleramt bat der Kanzler Bawag-Chef Ewald Nowotny, zu seiner Rechten – aus Sicht der kleinen Schar müder Journalisten vis-à-vis eben auf der linken Seite des grünen Tisches – Platz zu nehmen, mit den Worten: "Ewald, mach die linke Seite stark."

Rettungsaktion

Stark waren dann auch die Neuigkeiten, die der Kanzler, flankiert von Vizekanzler Hubert Gorbach, Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Hundstorfer und Liebscher, über die Rettungsaktion "für die viertgrößte Bank Österreichs, die in einer echten Vertrauenskrise stecke" mitteilte. Nicht weniger als einen "nationalen Rettungsplan" habe man beschlossen, um die "schwierigen Probleme zu lösen".

Kurz zuvor war es dem Bawag-Vorstand bzw. seinen Anwälten nach Verhandlungen in den USA gelungen, die Klage der Refco-Gläubiger vom Tisch zu bekommen und ebenso das Risiko allfälliger Sammelklagen auszuschalten. Laut diesem Vergleich wird die Bawag 675 Mio. Dollar (fast 540 Mio. Euro) in die USA überweisen, für diese weit gehende außergerichtliche Einigung ist aber noch der Sanktus der US-Regierung ausständig (siehe Artikel Vergleich in New York kostet 675 Millionen Dollar). Den Vergleich kann aber die Bawag in der Bilanz 2005 nicht allein darstellen (sie müsste dafür Rückstellungen bilden) – "das US-Agreement lässt die Bilanzerstellung 2005 in einem anderen Licht erscheinen", sagte Schüssel, "wir müssen daher helfen".

Und so sieht die Hilfe aus: Die Republik, also der Steuerzahler, übernimmt bis 1. Juli 2007 eine Garantie für die Bawag in Höhe von bis zu 900 Mio. Euro. In diesem Fall fließt also kein Geld, der Staat verspricht für den Fall, dass die Bank strauchelt und der ÖGB seine Haftungen nicht erfüllen kann, einzuspringen. "Eine reine Geste für beunruhigte Sparer", so die Branchen-Interpretation.

450 Millionen Euro

Wirklich Geld in die Hand nehmen für die Rettung der Bawag müssen aber die großen Banken und Versicherungskonzerne des Landes. Sie werden in Summe 450 Mio. Euro an Besserungskapital in die Bank pumpen, auf dass sich die strapazierte Eigenkapitalbasis der Bawag-Gruppe erhole. "Denn", so erklärte Notenbank-Gouverneur Klaus Liebscher bei der Pressekonferenz, "ohne dieses Kapital hätte die Bank die Eigenkapitalvorschriften nicht erfüllen können. Wir haben aber immer nur von einem Liquiditäts- und nie von einem Insolvenzproblem gesprochen", betonte er.

Konkret wäre bei einem Rückstellungsbedarf für den US-Vergleich die Bawag-Eigentümerin AVB (Anteilsverwaltung Bawag) in Eigenmittelnot geraten: Ihre Kernkapitalquote wäre auf zwei Prozent abgerutscht, das Doppelte ist gesetzlich vorgeschrieben. Die Bawag selbst wäre mit vier Prozent gerade noch an der Untergrenze gelegen; es gilt aber sozusagen das schwächste Glied der Konzernkette.

Harten Tobak bedeutetet die "nationale Kraftanstrengung", von der Vizekanzler Hubert Gorbach sichtlich stolz sprach, für den ÖGB. Er steht laut Präsident Hundstorfer zwar "zu seinem Eigentum und zu seinen Haftungen", musste aber der nationalen Hilfstruppe versprechen, "den Verkauf der Bank möglichst rasch, zügig und professionell abzuwickeln" (Schüssel).

Aus dem Verkaufserlös sollen die Geschäftsbanken, die ab Dienstag spätnachmittags untereinander um die Quoten und mit der Bawag um einen fairen Preis für ihr Einschreiten rangen, dann ihr Geld wieder zurückbekommen. Viel härter für den ÖGB: Er muss seine gesamten Vermögensverhältnisse offen legen – und zwar gegenüber der Notenbank, der Einblick in die ÖGB- Bilanzen gewährt wird.

Inkludiert ist dabei auch das Herzstück der Gewerkschaftsbank, der Streikfonds, dessen Wert und genaue Zusammensetzung bisher als Geheimnis galt. Schüssel zur Wahl der Notenbank: "Wir haben bewusst einen Dritten gewählt, zu dem beide Seiten großes Vertrauen haben."

Silberstreif

Vizekanzler Gorbach zum Grund für diesen betriebswirtschaftlichen Striptease des ÖGB: "Es müssen alle Vermögensbestandteile auf dem Tisch liegen, um sicher zu stellen, bis zu welchem Betrag der ÖGB haftet und ab welcher Summe die Republik."

Für Bankchef Ewald Nowotny zeigt sich nun jedenfalls ein erster Silberstreif am Horizont: "Die Bank ist nun leicht verkaufbar", der Deal werde "noch heuer über die Bühne gehen". (Renate Graber, Michael Bachner, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3.5.2006)