Die Krise der EU hat auch ihr Gutes. Die negativen Verfassungsreferenden in den Niederlanden und Frankreich haben immerhin eine Debatte darüber angestoßen, ob es sich die EU-Institutionen leisten können, Entscheidungen zu treffen, ohne die Bürger einzubinden. Die Forderungen nach mehr Transparenz schlagen sich nun in Ergebnissen nieder und zeigen, die EU reagiert darauf.
So ist der Ministerrat - nicht zuletzt von der oft geschmähten britischen EU-Präsidentschaft dazu gedrängt - dazu übergegangen, Beratungen zu immer mehr Themen auch öffentlich abzuhalten. Umweltminister Josef Pröll hat sich vor einigen Wochen diesen Zwang zur Offenheit geschickt zunutze gemacht, um die Mitgliedsstaaten dazu zu bringen, ihre Position zur Gentechnik darzulegen. Die Rechnung ging auf: Jeder Mitgliedsstaat war gezwungen, in diesem offenen Forum Farbe zu bekennen. Angesichts der deutlich gewordenen Mehrheit gegen Gentechnik steigt auch der Druck auf die Kommission, ihre bisher sehr positive Haltung zumindest zu überdenken.
Ein weiterer Meilenstein ist, dass nun unter österreichischer EU-Präsidentschaft auch eine Einigung der Institutionen zur Informationspflicht zustande kam. Alle EU-Stellen sind verpflichtet, an jeden Bürger und jede Nichtregierungsorganisation Informationen über umweltrelevante Entscheidungen herauszugeben. Mit der Frist von 15 Tagen wird auch sichergestellt, dass das nicht auf die lange Bank verschoben wird. Auch das Recht, dass Überprüfungen verlangt werden können, ist ein wichtiger Fortschritt. Schade ist deshalb, dass die EU-Kommission sich nicht getraut hat, bei ihrer Transparenzinitiative noch einen Schritt weiter zu gehen und von den Mitgliedsstaaten die Offenlegung von EU-Subventionen zu verlangen. Es handelt sich schließlich um Geld der Steuerzahler, also aller Bürger. Vielleicht ringt man sich bei der nächsten Krise endlich dazu durch. (DER STANDARD, Print, 4.5.2006)