Bild nicht mehr verfügbar.

Fox bei Schüssel

foto: apa/HOPI MEDIA / BERNHARD J. HOLZNER
Von den rund 60 lateinamerikanischen Staats- und Regierungschefs, die am Wiener Gipfel teilnehmen, stellen sich nur drei einer breiteren Öffentlichkeit. Den Anfang machte am Donnerstag Mexikos Staatschef Vicente Fox. Er wurde mit teils unbequemen Fragen konfrontiert.

*****

Sie reisen durch Wien in gepanzerten Fahrzeugen, verschwinden am Tagungsort hinter geschlossenen Türen. Und außer den Fernsehkameras bekommt sie kaum jemand zu sehen: Der Auftritt der Stargäste am EU-Lateinamerika-Gipfel ist zwar medien-, aber ganz und gar nicht volksöffentlich.

Drei Prominente tanzen allerdings aus der Reihe: Venezuelas Staatschef Hugo Chávez soll im Rahmen des Alternativgipfels am Freitag in der Wiener Arena auftreten; Boliviens Evo Morales werden seine Fans am Samstag bei der Abschlussveranstaltung des Gegengipfels zu Gesicht bekommen; und bereits am Donnerstag diskutierte Mexikos konservativer Präsident, Vicente Fox Quesada, in der überfüllten Diplomatischen Akademie über seine Reformpolitik der vergangenen sechs Jahre.

Während die Verhandlungen zwischen der EU und den lateinamerikanischen Staaten über eine gegenseitige Öffnung ihrer Märkte festgefahren scheinen, warb Fox für das globalisierte Mexiko: 43 verschiedene Freihandelsabkommen habe das Land inzwischen geschlossen (seit 2000 ist auch ein Abkommen mit der EU in Kraft), der Außenhandel des Landes sei größer als der ganz Lateinamerikas, und mehr als 60 österreichische Unternehmen machten Geschäfte im Land.

"Diese Öffnung hat Arbeitsplätze und Einkommen für die Menschen geschaffen", sagte der scheidende Staatschef Fox, der bei den Wahlen am 7. Juli nicht mehr antritt. Die Öffnung Mexikos habe auch den Armen genützt: So müssten etwa nur noch vier Prozent der Bevölkerung von weniger als einem Dollar pro Tag leben.

Die Publikumsfragen an Fox waren kritisch: Warum versuchen jährlich hunderttausende Mexikaner illegal in die USA einzuwandern, wenn alles so rosig sei, wollte ein Zuhörer wissen. "Diese Migration gibt es vor allem deswegen, weil die US-Wirtschaft frische Arbeitskräfte braucht", antwortete Fox.

Warum die Regierung in der vergangenen Woche Proteste im Dorf San Salvador Atenco mit brutaler Polizeigewalt habe niederschlagen lassen, fragte ein anderer Zuhörer. Bei dem Polizeieinsatz starb ein 14-jähriger Bub. Die Proteste im Dorf waren ausgebrochen, nachdem die Behörden mehrere illegale Blumenhändler verhaften ließen. Auch Amnesty International hat den Fall inzwischen aufgegriffen. "Diese Vorfälle waren sehr unglücklich. Wenn die Gewaltanwendung tatsächlich übertrieben war, werden die Vorfälle untersucht", sagte Fox kurz und rauschte zu Bundespräsident Heinz Fischer in die Hofburg ab. Geredet wurde diesmal wieder hinter verschlossenen Türen.

Anschließend rief Fox vor der Presse zur weiteren Integration Lateinamerikas auf. Dabei sollten auch die Erfahrungen der EU genutzt werden. Fischer sagte, Mexiko habe mit dem Amtsantritt von Fox im Jahr 2000 "ein neues Kapitel der demokratischen Entwicklung aufgeschlagen". Der friedliche Machtwechsel habe funktioniert. Dies sei auch in Österreich auf "Aufmerksamkeit und Anerkennung" gestoßen, ebenso wie die Tatsache, dass Mexiko mittlerweile die Todesstrafe abgeschafft habe.

Vor der Hofburg protestierte unterdessen eine Hand voll Demonstranten gegen die Ereignisse in San Salvador Atenco. Sie bezeichneten Fox als "Asesino" (Mörder). Fox erklärte dazu in der Pressekonferenz, der gerechtfertigte Einsatz werde in "voller Respektierung der Gesetze" komplett untersucht: "Das letzte Wort werden die Richter haben." (DER STANDARD, Printausgabe, 12.5.2006)