Sie ist Philosophie, Religion, Kunst und die endgültige Wissenschaft. Für jede Sache findet sie eine Formel oder einen Beweis. Sie tangiert alle Disziplinen und integriert sich gut im Arbeitsmarkt: die Mathematik.

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Wien - Das Quadrat der dritten Wurzel des Bakkalaureus, multipliziert mit der Wahrscheinlichkeit eines Jobs, dividiert durch die Anzahl der Suchenden ist eine Gerade, die im rechten Winkel zum Erfolg eines Maturanten steht. Wer eins und eins zusammenzählt, weiß: Von den 731 Maturanten, die sich österreichweit im Wintersemester 2005 für ein Mathematikstudium entschieden haben, sind nur die wenigsten zufällig dort gelandet.

"Alles ist Zahl", deklamierte Pythagoras, dessen a²+b²=c² ganze Schulklassen zum Verzweifeln bringt, und mit derselben Leidenschaft tauchen Logiker und Anwender in die Welt rationaler Funktionen und imaginärer Zahlen ein. Verteilt auf sieben Universitäten integrieren sie die "Kunst des Lernens" - die Mathematik - in ihr Leben.

Insgesamt studieren 4363 Studenten Mathematik. 196 von ihnen absolvierten heuer die letzten Hürden. Mit ihrem Diplom in der Tasche entwickeln sie Software oder werken in Banken oder Versicherungen. Nicht nur das: Sie sind es auch, die hinter den hübschen, bunt kolorierten Kreisdiagrammen vor einer Wahl stecken - in der Marktforschung erforschen sie gesellschaftliche Phänomene und Trends.

Die erste determinierende Entscheidung steht am Anfang: Sie müssen pro oder kontra Lehramt abwägen. Fehlender Idealismus oder das Grauen vor herbstlichen Nachprüfungen verzweifelter Schüler führen einen - von der Standortwahl abgesehen - in den Dschungel möglicher Ausbildungen.

In Salzburg wird man in sechs Semestern zum Bachelor. Drei bis vier Semester später wird man zum Diplomingenieur oder Magister. Ebenso lang dauert es, zumindest formell, an der Uni Wien. Hier ist das Diplomstudium Mathematik in zehn Semestern zu absolvieren - dabei braucht der Durchschnitt zwei Semester länger, als offiziell einkalkuliert wird. Im ersten Abschnitt, den ersten vier Semestern, stehen Algebra, Geometrie und Logik am Plan. Hat man diese Hürden überwunden, spezialisiert man sich. Entweder man wählt die "Reine und Angewandte Mathematik" oder die "Mathematische Logik und Grundlagen".

Übersichtlicher geht es in Kärnten, zumindest an der Uni Klagenfurt zu. Angeboten wird das Studium "Technische Mathematik und Datenanalyse", das vor allem die Umsetzung des Erlernten durch moderne Software forciert.

Mit unzähligen Facetten zeigt sich hingegen die TU Wien als labyrinthische Herausforderung. Wählt man nicht den Bachelor "Versicherungsmathematik", kann man sich für das Diplomstudium "Technische Mathematik" entscheiden. Nach dem ersten Studienabschnitt steigt die Auswahl jedoch exponentiell auf die Primzahl fünf. Denn Studenten können sich entweder in der "Mathematik in der Naturwissenschaft", der "Wirtschaftsmathematik", der "Mathematik in der Computerwissenschaft", der "Finanz- und Versicherungsmathematik" oder der "Statistik" profilieren.

An der TU Graz wird das Bachelorstudium "Technische Mathematik" angeboten. Viel Theorie soll durch praktische Anwendungen in Naturwissenschaft und Technik, Informationstechnologie sowie Wirtschaft, Statistik, Finanz- und Versicherungswesen erleichtert werden. Dass Apfelbäume zu herausstechenden Newton'schen Leistungen anspornen, lässt sich in der Steiermark behaupten: Die TU Graz rangiert an der Spitze der CHE-Top-Unis.

Ein Student sollte für diese Exzellenz sechs Semester kalkulieren. Denn sollte nach einem Orientierungsjahr, gefüllt mit Analysis, Algebra sowie Diskreter und Numerischer Mathematik, die Rechnung des Traumstudiums aufgehen, folgt ein zweiter Studienabschnitt mit vier Semestern. Danach muss gewählt werden: "Technomathematik", "Wirtschaftsmathematik" oder "Computerwissenschaften".

Lehrsätze im Hochofen

An der Uni Graz wird "Technische Mathematik" ebenfalls angeboten. Nach einem relativ kurzen ersten Abschnitt von zwei Semestern, teilen sich Studierende auf die Zweige "Numerische Mathematik und Modellierung" sowie "Allgemeine Mathematik" auf. Das gleichnamige Studium wird auch in Innsbruck angeboten.

Ähnlich geht es auch an der Uni Linz zu. In drei Magisterstudien differenziert, wird bei der anwendungsorientierten Ausbildung vor allem auf die Umsetzbarkeit des Wissens Wert gelegt. Durch Simulation werden Vorgänge in einem Hochofen erforscht oder Computer dazu gebracht, automatisch Beweise von mathematischen Lehrsätzen zu finden.

Wer sich dazu berufen fühlt, Schülern Logik beizubringen, um ihre Begeisterung für Algebra zu wecken, kann an sieben Unis Österreichs ein kombinationspflichtiges Lehramtsstudium absolvieren, das in die AHS, BHS oder in die Erwachsenenbildung führt.

Zusätzlich zur mathematischen Ausbildung werden pädagogische und fachdidaktische Inhalte dargeboten - das Erlernte wird zwölf Wochen lang an der Schule in die Tat umgesetzt.

Unter den fünf schlechtesten Mathematik-Unis rangieren die Uni Dortmund, Oldenburg, Düsseldorf, Saarbrücken und Frankfurt am Main - es bleibt also rational, die brüchigen Uni-Gebäude hier zu Lande zu betreten. (Louise Beltzung/UNISTANDARD, 11. Mai 2006)