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Eine Kombination aus Verhaltenstherapie und Medikamenten ist bei schweren Zwangsstörungen sinnvoll

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Eine zentrale Rolle bei der Behandlung von Zwangsstörungen spielt die Verhaltenstherapie. "Zunächst ist es ganz wichtig herauszufinden, welche Rolle Angst bei der Zwangsstörung spielt. Zwang reduziert die Angst, wenn man einen Menschen daher hindert dem Zwang nachzugehen, steigt die Angst und das ist das Wesentliche", erklärt der Wiener Psychiater Hans Georg Zapotoczky. Bei der Verhaltenstherapie wird mit dieser Tatsache gearbeitet.

Response Prevention - Expositionstherapie

"Bei der Expositionstherapie, auch Response Prevention Therapie genannt, ist es ganz wichtig, dass innerhalb kurzer Zeit intensiv geübt wird, das Ritual herunterzuholen", weiß Zapotoczky. Dem Betroffenen wird dabei sukzessive die Möglichkeit genommen, den Zwang auszuüben. "Es geht nicht nur darum, dass er den Zwang nicht ausübt, sondern wichtig ist für ihn zu erleben, dass er mit seiner Angst fertig wird, wenn er den Zwang nicht ausführt", unterstreicht der Psychiater. Dabei kommt es zuerst zu einem Anstieg der Angst um dann langsam abzufallen. Indem sich der Betroffene durch die Therapie mit der Angst konfrontieren kann, nimmt sie ab, zuvor verhindert die Ausübung des Zwangs diese Konfrontation.

Weitere Maßnahmen

"Neben der Verhaltenstherapie gibt es noch andere Möglichkeiten", ergänzt der Wiener Psychiater. Wichtig sei zum Beispiel die Erweiterung der Lebensinteressen, da Menschen mit Zwang unheimlich eingeengt seien. Sie sollen merken, was ihnen Spaß macht. "Das kann so weit gehen, dass man unter Umständen auch eine religiöse Umorientierung machen muss, weil meistens sexuelle Dinge im Hintergrund stehen", erklärt Zapotoczky.

Medikamentöse Behandlung

Bei der Behandlung "hat sich heute herausgestellt, dass eine medikamentöse Kombination mit SSRI (selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) in höherer Dosierung sinnvoll ist", so der Psychiater. Auch Martin Aigner von der Universitätsklinik für Psychiatrie in Wien bescheinigt den SSRI eine gute Wirkung. "Die SSRI aus der Gruppe der Antidepressiva sind gleichzeitig stark gegen die Angst gerichtet und können helfen Rituale zu durchbrechen, da sie über das Zwischenhirn wirken", so Zapotoczky. "Die Medikamente müssen über längere Zeit eingenommen werden, mindestens sechs Monate und in einer relativ hohen Dosierung, also drei mal 20-30 Milligramm oder noch mehr", weiß der Psychiater.

Langfristige Wirkung durch Kombination

Wenn man Medikamente mit einer anderen Therapie kombiniere, erziele man schöne Erfolge. Mit einer reinen Medikamententherapie lassen sich zwar recht gute Besserungen erzielen, die Zwänge setzen nach Absetzen der Medikamente jedoch wieder ein. Die Verhaltenstherapie verspricht hingegen eine längerfristige Wirkung.

Angehörige

Die Familien der Betroffenen sind natürlich meistens von der Zwangsstörung beeinträchtigt. "Die Angehörigen spielen oft mit und wollen schonen. Wichtig ist, die Angehörigen aufzuklären, sie müssen das Verhalten als Störung ansehen, und therapeutisch aufgeklärt werden", ist der Psychiater überzeugt. Dann können Angehörige für die Therapie auch unterstützend wirken. Schwierig sei, dass der Zwang eine Bedeutung in der Familie habe und oft nur mehr darüber gesprochen werde.

Heilung

Bei der Behandlung von Zwangsstörungen lassen sich in der Regel gute Erfolge beobachten. "Was man erzielt, ist eine bessere Anpassung an das Leben, ein besseres Zurechtfinden in der Welt", erklärt Zapotoczky. Es könne durchaus sein, dass jemand den Zwang fast völlig verliere, den Ausdruck Heilung lehnt der Psychiater jedoch ab. (mat)