Standard: Ihr Vorgänger und Förderer Heinz Sundt sagt, Sie stünden in den komfortabelsten Startlöchern, in denen man als Telekom-Chef stehen kann. Stimmt das?

Nemsic: Es ist sehr gut, gute Startblöcke zu haben. Wenn ich mich richtig an meine Leichtathletik-Zeit erinnere, sind maßgeschneiderte Startblöcke die besten. Und ich finde, für meine Schuhgröße 42 passen sie ideal.

Standard: So klein?

Nemsic: (lacht) Ich lebe nicht auf großem Fuß.

Standard: Was heißt maßgeschneidert und was ist der Unterschied zwischen Startloch und Startblock in Ihrem Fall?

Nemsic: Ein Loch ist etwas, das aus der Tiefe herauskommt. Wir starten aber ganz oben, deshalb sind es wohl Startblöcke. Ich gehöre der Führungsmannschaft der Telekom Austria seit sechs Jahren an, davon vier Jahre offiziell, und bin sehr glücklich, dass ich so gute Startblöcke vorfinde.

Standard: Heißt das, es ist eine "gmahte Wiesen" und Sie können sich in ein gemachtes Nest setzen, während Sundt die Drecksarbeit erledigen musste?

Nemsic: Nein, so sehe ich das nicht und es war sicher auch nicht so gemeint. Sundt hat einen hervorragenden Job gemacht. Von 270 Millionen Euro minus auf 470 Millionen plus zu drehen - das verdient alle Hochachtung. Jetzt geht es um Kontinuität. Es geht dem Unternehmen gut und es ist gut aufgestellt.

Standard: Viel Zeit zum Einarbeiten haben Sie nicht, Sie wollen der serbischen Regierung und dem Investor Martin Schlaff noch im Sommer den Handynetzbetreiber Mobi 63 abkaufen. Ein sicheres Ticket für einen "native Speaker", der auch in seiner Heimat Bosnien funken will?

Nemsic: Nein, weder Serbien noch Bosnien sind sichere Tickets. Es ist ein offenes Rennen, in dem wir aber sehr gute Chancen haben.

Standard: Wie wollen Sie in Belgrad punkten?

Nemsic: Wir glauben, Informationen zu haben, die andere nicht haben. Deshalb sind wir sehr zuversichtlich, den Zuschlag zu bekommen.

Standard: Sie haben auch Mobiltel in Bulgarien von einem Konsortium rund um Schlaff gekauft. Kauft die Telekom nur mehr im Secondhandshop Schlaff?

Nemsic: (lacht) Nein, wir sind seit drei Jahren in Serbien aktiv, also bereits bevor wir Mobiltel in Bulgarien übernehmen konnten.

Standard: Die Aktionäre haben Sie für den Mobiltel-Kaufpreis gerügt, weil dieser inklusive Provisionen fast doppelt so hoch war wie jener, den die Telekom ein Jahr zuvor zahlen hätte müssen.

Nemsic: Über allfällige Provisionszahlungen ist mir nichts bekannt. Faktum ist, dass es uns nicht möglich war, Mobiltel von den früheren Eigentümern zu kaufen. Wir wussten nicht einmal, über wie viele Aktien unsere Verhandlungspartner überhaupt verfügen konnten. Das wäre den Aktionären auch nicht recht gewesen.

Standard: Falls Sie Mobi 63 nicht bekommen, starten Sie in Serbien dann als Greenfielder?

Nemsic: Darüber denken wir derzeit nicht nach, wir sind gut im Rennen.

Standard: Sie haben als Generaldirektor einen Fünfjahresvertrag. Wie soll der Telekom-Austria- Konzern in fünf Jahren aussehen? Ein regionaler Mobilfunker mit starkem Inlandsfestnetz?

Nemsic: Wir wollen ein Gesamtanbieter sein.

Standard: Das sind Sie ja bereits. Wird nur im Mobilfunk expandiert oder auch im Festnetz?

Nemsic: Nein, wir planen keine Zukäufe im Festnetz. Aber wir werden unser Geschäft erweitern und in Bulgarien, Kroatien ausgewählte Gesamtlösungen anbieten, also integriertes Wireline und Wireless für Groß-, Klein- und Mittelbetriebe; aber nicht für Privatkunden.

Standard: Die Preise in Österreich sind im Keller, im Festnetz wie im Mobilfunk. Lebt die Telekom bald nur mehr von Handys im Ausland?

Nemsic: Nein. Das hören wir seit Jahren und wir wachsen noch immer! Es stimmt aber, im der Festnetztelefonie gibt es wenig Umsatzwachstum und den Preisverfall können wir nur teilweise mit Breitbandinternet kompensieren, rund 36 Prozent der Haushalte haben ja bereits einen Anschluss. Ich glaube, wir können da besser sein. Ziel müssen hundert Prozent sein, denn ein Breitbandkunde bringt ein Vielfaches des Umsatzes. So lang der Telekom-Anteil am Bruttoinlandsprodukt wächst, geht es uns gut, obwohl die Rahmenbedingungen in Österreich nicht ideal sind, es wird zu viel reguliert.

Standard: Sie meinen, weil Sie Beamte nicht kündigen können und Preiserhöhungen beim Regulator anmelden müssen?

Nemsic: Dazu werde ich mich nicht äußern.

Standard: Es ist ja kein Geheimnis: Die Telekom hat im Festnetz rund 3000 Mitarbeiter zu viel . . .

Nemsic: Im Moment nicht, aber irgendwann schon, denn technische Investitionen steigern die Produktivität. Wir haben sehr gute Mitarbeiter - und mehr gibt es dazu nicht zu sagen.(DER STANDARD Printausgabe, 24. Mai 2006)