Tschenstochau/Warschau - Papst Benedikt XVI. hat fundamentalistischen Strömungen in der katholischen Kirche eine Absage erteilt. Die Weisheit des Evangeliums müsse "mit Reife, ohne Kindlichkeit und ohne Angriffslust" in die Welt getragen werden, sagte er bei seinem Besuch im polnischen Wallfahrtsort Tschenstochau (Czestochowa) am Freitag. Der Papst bezog sich damit offenbar auf fundamentalistische Katholiken wie die Macher des Senders Radio Maryja, dem judenfeindliche, europafeindliche und antiliberale Propaganda vorgeworfen werden.

Im Übrigen sollten die Katholiken ihren Glauben nicht auf eine Geisteshaltung oder auf religiöse Erfahrungen beschränken; der Glaube habe "im Denken und im Handeln, bei der täglichen Arbeit und im gemeinschaftlichen Leben seinen Platz", sagte Benedikt XVI. "Der Glaube ist das Geschenk, dass uns die Begegnung mit Gott möglich macht", sagte der 79-jährige Pontifex bei einem Treffen mit Ordensleuten. "Der Glaube kann uns immer zu Gott zurückführen, selbst wenn Sünde uns vom Weg gebracht hat."

Mehr als 200.000 Gläubige begrüßten in Tschenstochau den Papst, der mit einem Hubschrauber am Fuße des Klosters Jasna Gora einflog. Zu Beginn des Gottesdienstes unter freiem Himmel auf dem Pilsudski-Platz in Warschau, während dem er immer wieder auch auf Polnisch zu den Gläubigen sprach, erwähnte Benedikt auch seinen "geliebten Vorgänger". Der deutsche Papst erinnerte dabei an dessen 26-jähriges Pontifikat, in dem es tiefe politische Umwälzungen in Polen und in der ganzen Welt gegeben habe.

Viele Gläubige pilgerten zu Fuß in den Pilgerort Tschenstochau, der mit seiner Schwarzen Madonna nicht nur zu den bekanntesten Wallfahrtsorten der Welt gehört, sondern auch als "Seelenhauptstadt Polens" gilt. Auch aus anderen europäischen Pilgerorten waren Vertreter angereist, unter anderem aus Mariazell, dem bayerischen Altötting und dem französischen Lourdes. Papst Johannes Paul II. hatte das Marienheiligtum Jasna Gora während seines Pontifikats sechsmal besucht.

Weiterreise nach Krakau

Nach seinem Besuch in Tschenstochau wollte Benedikt noch am Abend nach Krakau weiterreisen, wo sein Vorgänger einst Erzbischof gewesen war. Viele Polen hofften, dass Benedikt XVI. wie Johannes Paul II. noch einmal von einem bestimmten Fenster im Bischofspalast mit der Menge beten und singen würde. Vor allem junge Menschen hatte der polnische Papst mit seinem Erscheinen am so genannten Papst-Fenster stets begeistert.

Am Samstag wollte Benedikt Wadowice besuchen, die Geburtsstadt Karol Wojtylas. Am Sonntag will der Papst dann zum Abschluss seiner viertägigen Reise eine Messe im früheren Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau halten. (APA)